Text des Fachartikels der Uni Bamberg
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Die UNI Bamberg veröffentlichte diesen Text ohne Angabe des Autors oder Erscheinungsjahr.
Restaurierung und Restaurierungswissenschaft?
Restaurieren ist eine viel umstrittene Tätigkeit. Jeder scheint etwas davon zu verstehen. In der allgemeinen Wahrnehmung steht Restaurieren für ordentliche hergerichtete Denkmale und aufpolierte Kunstwerke. Es wird handwerklichen Tätigkeiten zugeordnet, die wie Reparaturen von Zeit zu Zeit notwendig sind und von Praktikern ohne große Diskussion erledigt werden. Für eine gute Restaurierung muss man aber sehr viel wissen. Einfach drauf loslegen, neu machen oder überstreichen ist nicht der richtige Weg – vorausgesetzt, man möchte den Dingen wirklich gerecht werden, denn damit haben der Restaurator und sein Wissenschaftler zu tun: Dinge und Gegenstände, die „Objekte“ heißen und als Patienten behandelt werden. Das können ein Baudenkmal, seine Ausstattung, künstlerisch gestaltete Wand- oder Fensterflächen oder museal aufbewahrte Preziosen sein. Jedes dieser Objekte hat eine Geschichte, jedes kann eine Krankheit in sich tragen oder durch unverantwortliches Tun wie unvorhersehbare Einflüsse Schaden nehmen. Um gut und verantwortungsvoll zu restaurieren, bedient man sich wissenschaftlicher Grundlagen. Das ist in der Medizin nicht anders als in der Restaurierung.
Was muss man wissen?
Man muss „sein Objekt“ kennen, seinen materiellen Aufbau ebenso wie das historische Umfeld, in dem es entstanden ist. Und man sollte die Veränderungen einschätzen können, denen es im Laufe der Zeit unterlag. Dementsprechend differenziert sind die Untersuchungs-methoden, die handwerkliche, kunsttechnologische, geistes- und naturwissenschaftliche Wurzeln haben. Die systemische Untersuchung des Patienten und die Anwendung der interdisziplinären Methode machen das Restaurieren erst zu einer wissenschaftlichen Disziplin. In der Fachterminologie heißt der restaurierungswissenschaftliche Objektzugang Bestandsaufnahme. Sie ist der erste Schritt für die eigentliche Behandlung und ist der Anamnese und den Voruntersuchungsprozeduren in der Medizin vergleichbar. Die Bestandsaufnahme bildet den Grundstock für die Beurteilung des „Objekts“ (Diagnose). Restaurierungswissenschaftlich wird zwischen einer materiellen Ebene, zu der das Schadensbild und die Korrosionsgeschichte gehören, und einer geistig-inhaltlichen Ebene unterschieden, in der künstlerische, technologische und historische Aspekte behandelt werden, welche die Authentizität des Bau- oder Kunstdenkmals definieren.
Die technische Basis: das Konservieren
Im Zentrum des manuell-technischen Restaurierens steht die Erhaltung des materiellen Status quo. Dabei haben substanzerhaltende und schadensvorbeugende Maßnahmen oberste Priorität. Sowohl das ethische Grundkonzept als auch das methodische Spektrum leiten sich aus der Konservierung als eigener Denkmalpflegekategorie ab, deren Prämisse die Sicherung des authentischen Charakters von beschädigtem, zerstörtem oder verfallenem Kunst- und Kulturgut ist. Das „Objekt“ wird als Dokument mit Quellencharakter interpretiert. Aus diesem Grund genießen die Spuren der Geschichte (der gewachsene oder überkommene Zustand) einen besonderen Stellenwert. Die Zeichen der Zeit gelten nicht als störend, sondern werden gleichsam als Speicher historischer Information betrachtet. An die Auswahl und Verwendung von Konservierungsmaterialien und –methoden werden dabei besondere Maßstäbe angelegt. Schlüsselanforderungen sind „Reversibilität“ und „Risikominimierung“. Dem Objekt soll kein Schaden infolge einer falschen Behandlung entstehen.
Die eigentliche Kernaufgabe: das Restaurieren
Das unverkennbare Markenzeichen jeder Restaurierung ist das Wiederlesbarmachen oder die Wiederherstellung eines verloren gegangenen ästhetischen, künstlerischen oder historischen Inhalts. Dieses Ziel wird umso eher erreicht, je eindeutiger die Bestandsaufnahme ausfällt. Die Kunst des Restaurierens liegt nicht in der perfekten handwerklichen Durchführung irgend¬welcher Maßnahmen, sondern im wissentlichen Umgang mit der historischen und geistigen Dimension des Gegenstands oder Denkmals. Die Maximen des Handelns sind Respekt und Zurückhaltung und das Maßhalten im Sinne eines „Weniger ist mehr“. Spekulative Zutaten oder künstlerische Neuinterpretationen gehören anderen Kategorien wie der Rekonstruktion oder Renovierung an. Gelungene Restaurierungen brauchen Zeit und Zuneigung zu dem „Objekt“, das eigentlich ein Individuum, ein Subjekt ist. Zur Umsetzung der Restaurierungsziele steht ein Bündel von Handlungsoptionen zur Verfügung, die von der mechanischen Freilegung über die Reparatur und substanzielle Ergänzung bis zur reversiblen Retusche und virtuellen Präsentation reichen. Die methodische Grundlage der Entscheidungsfindung ist die Variantendiskussion am Denkmal, in der der wissenschaftliche Kenntnisstand zusammenfassend dargestellt, die konservatorisch vertretbaren Maßnahmen erläutert und die restaurierenden Eingriffe exemplarisch präsentiert werden. Die Wahl der auszuführenden Variante liegt in der Entscheidungsfreiheit der Eigentümer und Auftraggeber. Somit entspricht die Variantendiskussion in der Zusammenschau dem Therapievorschlag in der Medizin, der ebenfalls angenommen oder abgelehnt werden kann.
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