Bahnhof Oekoven; Teil 1

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von Günter Krall, Mönchengladbach 1997
von Günter Krall, Mönchengladbach 1997
Postanschrift: Feld- und Werksbahn Museum e. V. z.Hd. Günter Krall, Zur Werksbahn 1, 41569 Rommerskirchen  
Postanschrift: Feld- und Werksbahn Museum e. V. z.Hd. Günter Krall, Zur Werksbahn 1, 41569 Rommerskirchen  
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Was nun der Exkurs dieser Kleinbahnkonzessionierung einigen Gemeinden wirklich gebracht hat läßt sich im Nachhinein nicht mehr feststellen. Jedenfalls blieb diese Region mit ihrem Wunsch nach einer eigenen Eisenbahnlinie bis zur höchsten Stelle des Königreiches in Berlin in aller Munde.
Was nun der Exkurs dieser Kleinbahnkonzessionierung einigen Gemeinden wirklich gebracht hat läßt sich im Nachhinein nicht mehr feststellen. Jedenfalls blieb diese Region mit ihrem Wunsch nach einer eigenen Eisenbahnlinie bis zur höchsten Stelle des Königreiches in Berlin in aller Munde.
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Version vom 18:40, 16. Jan. 2011

Inhaltsverzeichnis

Der Bahnhof Oekoven und die Grubenanschlußbahn der Gewerkschaft Neurath, Teil 1/5

von Günter Krall, Mönchengladbach 1997 Postanschrift: Feld- und Werksbahn Museum e. V. z.Hd. Günter Krall, Zur Werksbahn 1, 41569 Rommerskirchen


Vorwort

Mit dieser kleinen Studie soll der Versuch unternommen werden, dem Interessierten die geschichtliche Entwicklung der Eisenbahn in Oekoven (an der Strecke Grevenbroich - Köln) näherzubringen. Die Planung dieser Eisenbahnlinie erstreckte sich über vierzig Jahre. Längere Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Interessengruppen verursachten immer wieder Verzögerungen. Die wirtschaftliche Bedeutung, der anfängliche Aufschwung und letztlich der Niedergang der Eisenbahn in Oekoven sind zentrale Themen dieser Abhandlung. In den Text sind desöfteren sprachliche Formulierungen eingeflossen, die aus den Originaldokumenten entlehnt wurden, um dem Leser auch die Veränderung unserer Sprache zu verdeutlichen. Diese Formulierungen sind nicht immer als Zitat gekennzeichnet. In einigen Fällen wird dem Leser die wünschenswerte, umfassende Beantwortung von Fragen vorenthalten bleiben müssen. Dies liegt daran, daß trotz größter Sorgfalt beim Ausarbeiten der zur Verfügung stehenden Daten und Informationen immer noch kleine Lücken blieben. Es wird einer später ergänzten und erweiterten Veröffentlichung vorbehalten bleiben, diese noch zu schließen. Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß sich auch in privaten Sammlungen weitere Unterlagen und Fotos zu diesem Thema befinden, würde sich der Autor über jede weitere Information freuen. Abschließend möchte ich meinen Dank all denen aussprechen, die mich durch Rat und Tat bei der Abfassung des Manuskriptes unterstützt haben. Besonders aber danke ich Frau Agnes Koth (geborene Schmitz) und Helgard Krall und den Herren Rudolf Inkeller und Marcus Mandelartz, und dem Ringlokschuppen - Verlag (Krefeld), für die EDV - Arbeiten.


Die Gemeinde Oekoven

Der heutige Ort Oekoven wird zum ersten Mal 1180 unter der Bezeichnung Hudekoven, bzw. Udenhoven genannt. 1209 wird auch der Name Odinghoven verwendet. Obwohl die Herkunft des Namens nicht genau geklärt ist, läßt die Endung "-hoven" darauf schließen, daß Reichswaldungen in der frühen Zeit zur Rodung und Nutzbarmachung freigegeben wurden. Im Raume Grevenbroich ließen sich zwar keine Reichswaldungen feststellen, es kann sich hierbei jedoch um traditionelle Benennungen handeln, wie sie im ganzen Rheinland vorkommen. Die Gemeinde Oekoven selbst wird im Jahre 1790 erstmals genannt. Der Ort gehörte zeitweise zum Amt Evinghoven. Erst 1975 wurde Oekoven mit den umliegenden Gemeinden zur Gemeinde Rommerskirchen zusammengefaßt. Der bis dahin bestandene Landkreis Grevenbroich, welcher erst 1929 neu geordnet wurde, kam 1975 zum Kreis Neuss. Dies betraf auch die Ortschaft Oekoven und hat bis heute (1997) seine Gültigkeit. Zum Stichtag 13. September 1950 lebten in dieser Gemeinde 1057 Seelen, wobei im Ortskern 251 und im Bahnhof Oekoven 21 Menschen wohnten.

Planung der Eisenbahnlinie von Grevenbroich nach Köln - Ehrenfeld

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das Eisenbahnnetz recht schnell. Überall hatte man erkannt, wie wichtig eine Eisenbahnverbindung sein konnte. Sie ermöglichte Handel in einem bis dahin ungeahnten Umfang. Dieses führte zu einem gestiegenen Wohlstand in Stadt und Land. Auch wurden ganz neue Industriezweige erschlossen, die den weiteren Ausbau der Eisenbahn erst ermöglichten. Es war ein weiter Weg, bis eine Eisenbahnlinie gebaut werden konnte. So fanden hinter den Rathausmauern oft erbitterte und hartnäckige Kämpfe statt. Auch die behördlichen Instanzen legten oft Steine in den Weg, die nicht immer so einfach aus den Weg geräumt werden konnten.

Heute, über einhundert Jahre später, ist hiervon vieles vergessen, da zum einen diese Generation nicht mehr lebt und zum anderen heute ganz andere Probleme bewältigt werden müssen. So muß man schon tief in die erhalten gebliebenen Aktenberge der Archive greifen, um noch Dokumente der damaligen Zeit aufzufinden. Manches Schriftstück läßt dann die Geschehnisse wieder recht lebendig werden. So soll nicht nur der zeitliche Ablauf der Projektierung und Planung einer Eisenbahn geschildert werden, sondern auch die Konflikte, die unter den einzelnen Gemeinden um den Kampf der Linienführung ausbrachen. Ebenso soll der behördliche Weg und der finanzielle Ausgleich bei Enteignungen geschildert werden, soweit die Unterlagen hierüber noch Auskunft geben.

Die Region um Oekoven war, und ist es auch heute noch, überwiegend landwirtschaftlich strukturiert. Weiterhin kommt durch die sehr großen Braunkohlenvorkommen in der Umgebung auch dem Abbau dieses Bodenschatzes eine bedeutende Rolle zu. Da kam zur Jahrhundertwende die Eisenbahn gerade recht.

Schon recht früh wurde in Köln der erste Eisenbahnabschnitt am linken Niederrhein durch die "Rheinische Eisenbahn Gesellschaft" fertiggestellt und dem Betrieb übergeben. Anfänglich waren es nur private Eisenbahngesellschaften, die ein immer dichter werdendes Schienennetz erbauten.

Im Einzelnen handelt es sich um die Strecken:

Cöln (am Türmchen) – Cöln - Müngersdorf am 02.08.1839 Cöln – Aachen am 06.09.1841 Cöln - Deutz – Düsseldorf am 20.12.1845 Mönchengladbach – Aachen am 17.01.1853 Cöln – Neuss am 15.11.1855 Düren – Neuss am 01.09.1869

Da die eisernen Handelsstraßen seit 1866 bereits bis nach Venlo (Amsterdam, Rotterdam) führten, lag der Wunsch nahe, sie auf dem kürzesten Weg weiter zwischen Rheydt über Grevenbroich nach Köln auszubauen, um so an das weitere Schienennetz Richtung Süden zu gelangen, ohne den Umweg über Neuss in Anspruch nehmen zu müssen. Hierfür machten sich vor allem einflußreiche Gladbacher (Mönchengladbacher) Industrielle, sowie die dortige Handelskammer stark. Bereits 1864 wurde eine "Denkschrift betreffend den Bau einer Eisenbahn Gladbach – Cöln" veröffentlicht. Die damalige RhE war schließlich bereit, diese Eisenbahnlinie zu bauen. Schon 20 Jahre zuvor wurde eine erste Eingabe an den preußischen Staat über den geplanten Streckenbau eingereicht. Dieser lehnte das Vorhaben schlicht ab, da man diese Strecke für unwichtig hielt. Das Ergebnis war auch 1864 noch unverändert und die Konzession wurde nicht erteilt. Am 16. Mai 1870 wurde der "Bergisch Märkischen Eisenbahn" (BME) die Konzession übertragen, welche aber bis zu ihrer Verstaatlichung am 1. Jan. 1882 nichts Entscheidendes unternahm. Nun hatte die "Königlich Preußische Eisenbahn Verwaltung" (KPEV) die Geschicke der Eisenbahn am linken Niederrhein übernommen. Es wurde die "königliche Eisenbahn Direktion Cöln linksrheinisch" (KED Cöln lrh.) gegründet.

Unter dieser staatlichen Verwaltung wurde die Streckenführung von Hochneukirch bis Grevenbroich fertiggestellt und am 1. Mai 1889 dem Betrieb übergeben. Der Stadt Grevenbroich war viel daran gelegen, daß die Strecke bis nach Ehrenfeld weitergeführt wurde, da sie dann durch die kreuzende Eisenbahnlinie Neuss - Düren zu einem Knotenpunkt würde. Interessanterweise hat die damals schon vorhandene Strecke Neuss - Düren heute nur eine untergeornete Bedeutung ist auf der Teilstrecke Bedburg - Düren bereits stillgelegt; während die Strecke Grvenbroich - Köln, um deren Bau so zäh gerungen wurde, heute zu den Hauptgüterverkehrslinien mit internationaler Bedeutung gehört.

So wurden insgesamt drei Petitionen vom Kreis Grevenbroich an den königlichen Regierungspräsidenten -Freiherr von der Recke- welcher damals seinen Sitz in Düsseldorf hatte, verfaßt. Diese Petitionen tragen die Daten vom 4. Mai 1886, 18. Juni 1888 und 20. August 1889. In der dritten Eingabe wurde auf die Wichtigkeit des Projektes für die Industrie und Landwirtschaft der Region hingewiesen. Der wirtschaftliche Aufschwung lag den Vertretern des Kreistages von Grevenbroich besonders am Herzen. Man befürchtete aber, daß das Projekt erst nach Fertigstellung des Kölner Bahnhofs neu aufgegriffen werden sollte. Man bezog sich auf eine Rede vom 30. März 1885, die der Regierungspräsident im Abgeordnetenhaus gehalten hatte. Da nicht abzusehen war wie lange diese Umbauarbeiten in Köln noch anhalten würden, befürchtete man eine Verschiebung um mehrere Jahre. Man bat abermals um die baldige Inangriffnahme und Fertigstellung der geplanten Neubaustrecke. Die zum wiederholten Male in den Petitionen angegebenen Gründe waren der erhoffte Aufschwung der Baumwoll- und Maschinenfabrikation, von dem auch die Arbeiten der Nachbarorte Grevenbroich und Elsen profitiert hätten. So wurde der Mangel des fehlenden Schienenweges zur rheinischen Handelsmetropole Köln immer spürbarer. Auch auf die landwirtschaftliche Bedeutung wurde eingegangen: "Der östliche Teil des Kreises, die sogenannte Gilbach, eine der fruchtbarsten und exportfähigsten Gegenden nicht bloß der Provinz, sondern der ganzen Monarchie, entbehrt bislang für den Absatz ihrer Produkte jeglicher Eisenbahnverbindung." Man bedachte der Schwierigkeiten, die zur Zeit mit den laufenden Umbaumaßnahmen in Köln zusammenhingen, und gäbe sich zufrieden, wenn die Eisenbahnlinie vorerst in einem Kölner Vorort (Ehrenfeld oder Nippes) enden würde. Reisende und Güter hätten dort Anschluß an weitere Züge. Ausdrücklich wurde auch noch daran erinnert, daß nun schon über 40 Jahre um das Bauvorhaben gekämpft würde.

Diese Eingabe gelangte bis zur höchsten Stelle, dem königlichen Staatsminister für öffentliche Arbeiten, Herrn von Maybach, in Berlin. Am 21. November 1889 wurde vom königlichen Oberpräsidenten der Rheinprovinz, welcher seinen Sitz in Koblenz hatte, das Schreiben wie folgt beantwortet: "Es wird um eine Prüfung des Streckenbaues Grevenbroich bis Ehrenfeld gebeten." Zwischenzeitlich lagen auch Anträge der Gemeinden Rheydt und Odenkirchen vor, welche ein gewisses Interesse am Streckenbau zeigten. Diese Anträge wurden ebenfalls vom Oberregierungspräsidenten beantwortet. Er teilte recht diplomatisch mit: "...daß er die Unterlagen eingesehen habe und diese nicht aus den Augen verlieren wird und zur gegebener Zeit...". Solche Formulierungen werden in der Politik noch heute gerne gebraucht.

Wie interessiert der Kreis Grevenbroich am angestrebten Bauvorhaben war, zeigte die Tatsache, daß nur einen Tag später, am 22. November 1889, vom Regierungspräsidenten in Düsseldorf eine Mitteilung über den gegenwärtigen Stand der Dinge erbeten wurde. Man erhoffte sich vor allem eine Stellungnahme der Eisenbahndirektion Köln, welche in Düsseldorf eingehen sollte. Eine Woche später, am 28. November 1889, kam die erhoffte Nachricht aus Düsseldorf zum Kreis Grevenbroich. Die Eisenbahndirektion wurde daraufhin informiert und antwortete, daß eine Einmündung der geplanten Neubaustrecke in Ehrenfeld oder Nippes (Anschluß an die Strecke Köln - Aachen) ohne größere Probleme möglich sei. Da aber noch keine Pläne fertiggestellt waren, bat die Eisenbahnverwaltung von einer Verfolgung einer Antragsfrist einstweilen abzusehen weil die Bahnhöfe Ehrenfeld und Nippes in der nächsten Zeit eine wesentliche Umgestaltung erfahren würden. Solange diese Umbauarbeiten nicht abgeschlossen seien, sah es die Eisenbahnbehörde als "untunlich", das Projekt der neuen Eisenbahnlinie von Grevenbroich in Angriff zu nehmen. Die Erfolgsaussichten des Kreises waren damit wieder gesunken!

Somit sah sich der Kreis wieder mit den schon seit Jahren andauernden Argumenten konfrontiert. Am 9. Januar 1890 teilte das kgl. Landratsamt in Gladbach dem Regierungspräsidenten in Düsseldorf mit, daß der Kreistag am 20. Dezember 1889 beschlossen habe, sich der Petition für den Streckenausbau nach Ehrenfeld anzuschließen. Maßgeblichen Personen in Grevenbroich gingen verständlicherweise die behördlichen Akrobatenstücke zu langsam voran. So versuchte man die Angelegenheit zu beschleunigen und schaltete die oberste Zuständigkeitsbehörde ein. So bat der Landrat von Grevenbroich am 1. Februar 1890 den Regierungspräsidenten, die Petition an den Minister für öffentliche Arbeiten in Berlin weiterleiten zu wollen. Um ihren Interessen weiteren Nachdruck zu verleihen, teilt der Landrat zu Grevenbroich am 3. Februar 1890 mit, daß die Eingaben der Gemeinden Gladbach, Rheydt, Odenkirchen und Grevenbroich gemeinsam das gleiche Ziel verfolgen. Aber alle Briefaktionen des Kreises an die staatlichen Behörden, konnten den preußischen Beamtenstaat nicht aus dem Konzept bringen. So ruhten erst einmal für eineinhalb Jahren alle Kontakte.

Erst am 14. August 1891 beauftragte das Ministerium für öffentliche Arbeiten in Berlin die KED Cöln lrh. mit der Ausarbeitung der zu vollziehenden Grundstückserwerbungen (Enteignungen). Dieses sollte nach der Maßgabe geschehen, daß auf der neuen Eisenbahnlinie jederzeit Vollbetrieb stattfinden könne. Der Grunderwerb war deshalb für einen zweigleisigen Unterbau zu ermitteln, obwohl zunächst nur an einen eingleisigen Ausbau gedacht war. Außerdem galt es die Interessenten, die sich an den Baukosten beteiligen wollten, zu ermitteln. Die Ergebnisse der Arbeiten sollten in einer zu verfassenden Denkschrift zusammengestellt und dem Regierungspräsidenten in Düsseldorf vorgelegt werden. Desweiteren waren die Enteignungsvorarbeiten vorrangig zu behandeln.

Am 25. August 1891 erging schließlich vom Oberpräsidenten in Koblenz der Auftrag, mit den allgemeinen Vorarbeiten zu beginnen. Davon unterrichtete man auch das Ministerium für öffentliche Arbeiten in Berlin, den Regierungspäsidenten in Düsseldorf und den Landrat von Grevenbroich. Aus dem Inhalt des Schreibens geht auch die Meinung und Ansicht des Regierungspräsidenten -Freiherr von der Recke- über den Bahnbau hervor. Er schrieb dem Minister für öffentliche Arbeiten, er sei der Ansicht, daß dieser geplanten Eisenbahnlinie nach Köln überregionale Bedeutung zukomme und sie nicht nur die Aufgabe habe, die beiden Orte Grevenbroich und Köln zu verbinden oder das fruchtbare Gebiet der Gilbach zu erschließen. Wegen dieser überregionalen Bedeutung erklärte sich die Staatsregierung bereit für die Grunderwerbs- und Baukosten aufzukommen. Bei ausschließlich regionaler Bedeutung einer Bahnlinie hätten die Gemeinden hierfür selber Sorge tragen müssen. Er erwähnte die weitreichende Bedeutung: nämlich daß durch den Bahnbau die Großindustriestädte Köln, Rheydt und Mönchengladbach verbunden würden, und somit der Umweg über Neuss entfiele. Ein beträchtliches Verkehrsaufkommen könne somit direkt auf dem kürzesten Bahnweg abgewickelt werden. Auch würde weit über die Provinz¬ und Staatsgrenze hinaus eine Auswirkung zu erkennen sein, da die Linie über Rheindahlen bis hin nach Antwerpen führe. Aus diesen Gründen sah er es als nicht gerechtfertigt an, wenn die betroffenen Industriellen für die Baukosten der Strecke mit herangezogen würden. Als Präzedenzfall führte er den Bahnbau Hochneukirch nach Grevenbroich an, wo derartige Forderungen nachträglich zurückgezogen worden waren und alleine auf Kosten des Staates gebaut wurde.

September 1891 erbat der Regierungspräsident in Düsseldorf zur weiteren Information noch nachträglich eine Skizze von der Eisenbahndirektion über den geplanten Verlauf der Strecke. Da der beamtenmäßige Weg eingehalten werden mußte, gingen die Unterlagen am 22. September 1891 zunächst einmal zur übergeordneten Stelle nach Koblenz. Am 2. Oktober 1891 gab der Regierungspräsident in Düsseldorf die Weisung über die Enteignung von Grundstücken an den Kreis Grevenbroich sowie der KED Cöln lrh. zu Veröffentlichung frei. Vier Tage später, am 6. Oktober 1891, wurde auch die KED Cöln lrh. von Düsseldorf beauftragt, eine Ermittlung der Interessenten zur Beteiligung an den Baukosten festzustellen. Wegen dieser Aufstellung teilte das Landratsamt Neuss am 16. Oktober 1891 der Düsseldorfer Behörde folgendes mit: "Die in unserem Kreis liegenden Gemeinden Rommerskirchen und Nettesheim sind bereit einen Bauzuschuß für die Baukosten zu leisten. Es wird erwogen den Grunderwerb von den Gemeinden zu übernehmen, beziehungsweise daß die Interessenten die Grundstücke unentgeltlich zur Verfügung stellen. Eine Beteiligung an den Baukosten vom Kreis Neuss ist nicht zu erwarten, da lediglich die beiden genannten Gemeinden betroffen seien. Vom größten Grundstücksbesitzer, Freiherr von Diergarth (Armenverwaltung Cöln) wird angenommen, daß er die Grundstücke nicht unentgeltlich abgeben wird, da eine Benutzung der Eisenbahn nicht für ihn in Betracht kommt. Er sieht die Möglichkeit, die Baukosten wegen der überregionalen Bedeutung der Linie wieder zurückzubekommen."

Die KED Cöln lrh. begann nun mit der Festlegung des genauen Streckenverlaufes in Raum Köln und sandte das Ergebnis an 25. Dezember 1991 nach Düsseldorf. Auch die weitere Linienführung bis Grevenbroich wurde ausgearbeitet. Diese Vorlage der Eisenbahn wurde den beteiligten Behörden vorgelegt. Aufgrund dieser Unterlagen teilte der Landrat von Grevenbroich am 26. Januar 1993 der Regierung in Düsseldorf mit, daß man alles mit dem Kreise Neuss abgesprochen habe und die vorgeschlagene Linienführung von der KED Cöln lrh. in Betracht kommen könne. Alle Interessenten seien benachrichtigt und man machte eine dringende Befürwortung für den baldigen Ausbau der Strecke wie folgt geltend: Die Linienführung würde den Wünschen der Gemeinde Wevelinghoven entsprechen, sowie der Gilbacher Zuckerfabrik, wobei auch der Stadt Grevenbroich eine wirtschaftliche Bedeutung zukomme. Wurde da nicht einfach über die Interessen des Gemeinderates Wevelinghoven hinwegargumentiert, wie wir im weiteren Verlauf noch sehen werden?

Bei Oekoven solle die vorgesehene "Haltestelle mit Güterverkehr" auch für die Ortschaften Deelen, Uekinghoven, Evinghoven, Widdeshoven, Höningen und Ramrath eine Bahnverbindung bieten. Vereinzelte Wünsche würden ja noch später geäußert und berücksichtigt werden können.

Soweit die Ausführungen des Landratamtes zu Grevenbroich. Auch der Landrat in Neuss nahm Stellung zu diesem Thema und stimmte am 30. Januar 1893 der Linienführung zu. Interesse an einer Beteiligung am Bahnbau hatten nur Rommerskirchen und Nettesheim. Lediglich die umliegenden Ortschaften Frixheim, Anstel, Nettesheim und Butzheim wünschten einen anderen Streckenverlauf, damit eine bessere Verbindung zur Provinzialstraße (heute B 59) in Rommerskirchen zustande gekommen wäre.


Das Kleinbahnprojekt Capellen - Wevelinghoven - Köln

Der Ursprung für dieses Vorhaben ist in der Enttäuschung über das immer wieder hinausgeschobene Bahnprojekt zu suchen, so daß die Bevölkerung in einer Art Selbsthilfe eine einfache und recht schnelle Lösung sah. Auch wurde von den Interessenvertretern von Capellen - Wevelinghoven und Rommerskirchen - Nettesheim hier eine Möglichkeit gesehen, doch noch eine Eisenbahnlinie von ihren Orten nach Köln zu bekommen.

Ursprünglich war 1864 die Eisenbahnlinie nach Köln weiter nördlich vorgesehen und man hoffte, daß die Linie nach Grevenbroich aus Richtung Norden bei Capellen - Wevelinghoven vorbeigeführt würde. Diese Projektierung wurde aber später nicht mehr von der Staatsbahn aufgegriffen, worüber die betroffenen Gemeinden natürlich nicht erfreut waren. Durch die langwierigen Verhandlungen über vier Jahrzehnte war es noch immer nicht zum Bau der Linie nach Köln gekommen. So sah man nun eine Chance für eine Kleinbahn und machte entsprechende Konzessionierungseingaben.

Dazu nahm am 5. September 1883 der Landrat zu Grevenbroich Stellung und schrieb Freiherrn von der Recke. Man erkannte und betonte wie zuvor das dringende Bedürfnisse der Erschließung des fruchtbaren Gilbachgebietes. So hieß es in diesem Schreiben: "Diese würde aber in einer genügender Weise niemals durch eine Kleinbahn allein erreicht werden können und es bedarf vielmehr vor allem das Erstrebte und von der kgl. Staatsregierung schon so lange Versprochene, aber immer noch nicht erfolgten Ausbaues einer Vollbahn von Köln nach Grevenbroich. An dieser Vollbahn werden sich dann später nach verschiedenen Richtungen die Kleinbahnen zur völligen Erschließung dieser Gegend anzuschließen haben." Für die Kleinbahn sah man auch für die Industrie keinerlei Nutzen mit Ausnahme der Gilbacher Zuckerfabrik. Weiterhin würde diese Kleinbahn, nach dem Bau der Vollbahn, auf den weitaus größten Strecke überflüssig und kaum lebensfähig sein. Sollte die Baugenehmigung aber erteilt werden, so sah der Landrat Brüning von Grevenbroich darin die Gefahr, daß der Ausbau der Vollbahn um weitere Jahre zurückgestellt werde und bat deshalb den Regierungspräsidenten um die Versagung der Konzession.

Nun lagen zwei gegensätzliche Meinungen den Behörden vor. Noch bevor diese ihre Stellungnahme abgegeben hatten, versuchte Bürgermeister Kaiser von Rommerskirchen - Nettesheim in einem ausführlichen Brief die Situation im Gilbachgebiet darzustellen und den Landrat in Neuss -Dr. jur. Freiherr von Schorlemer- mitzuteilen, wie wichtig eine solche Kleinbahn dort wäre. Man unterstützte die Bemühungen zum Bau einer Kleinbahn voll und ganz und hatte dafür sogar Unterschriften gesammelt. Weiterhin wurden erneut die landwirtschaftlichen Interessen hervorgehoben, bei der diese Kleinbahn zur Existensfrage werden könnte. Die rückläufige Wirtschaft, sowie eine seit Jahren stagnierende Bevölkerungszahl und leerstehende Häuser zeigten bereits deutliche Zeichen dieser Entwicklung. Von einer blühenden Entwicklung könne also keine Rede sein. Auch wurde angeführt, daß Gemeinden mit Eisenbahnverbindungen vorzugsweise ihre Milch ins 50 Kilometer entfernte Köln absetzen könnten, während man selbst das Nachsehen habe, obwohl die Entfernung nur 20 bis 30 Kilometer betrüge. So sahen sich die Bauern -abhängig von ihrer Milchproduktion- der Konkurrenz der großen Margarinefabriken ausgesetzt, während die Gemüseversorgung des Rheinlandes mehr und mehr durch das nahegelegene Holland erfolge. So könne natürlich keine Wirtschaftssteigerung eintreten. Die Verarmung der Landwirtschaft sei die Folge. Wären nicht die Zuckerfabriken mit Vorschüssen auf die Rübenernte zur Stelle gewesen, hätte schon so mancher Betrieb geschlossen werden müssen. Aber bei sinkenden Zuckerpreisen sah man auch hier keine Hoffnung für die Zukunft. Man warf den Abgeordneten der Stadt und des Kreises Neuss vielmehr vor, daß die Eisenbahnlinie Grevenbroich - Köln von ihnen nicht gewünscht würde und es auch in der Zukunft so bleiben würde. Dem gegenüber wäre eine Kleinbahn schnell gebaut und könnte schon 1894 den Betrieb aufnehmen. Man fragte an, ob es den Gemeinden zwischen Grevenbroich und Köln abgeschlagen werden könne, ein für die Existenz unumgängliches Verkehrsmittel zu bekommen und bat um Erteilung der Baugenehmigung der Kleinbahn. Aus diesem mit aller Offenheit geschriebenen Schreiben geht Enttäuschung und Hoffnung der Gemeinde hervor.

Zwischenzeitlich wurde an den Geheimen Regierungsrat Steilberg die Bitte herangetragen, daß der Ausbau der Kleinbahn einer privaten Firma übertragen werden solle. Dieser unterrichtete davon die zuständige Stelle in Düsseldorf. Daraufhin wurde im September ein Schreiben an den Oberpräsidenten in Koblenz aufgesetzt. Hieraus geht hervor, daß die Firma "S. N. Wolff & Cie." in Wevelinghoven beauftragt werden solle, die Vorarbeiten und letztendlich auch den ganzen Bau der Kleinbahn auszuführen. Das Angebot dieser Firma wurde jedoch zurückgewiesen. Man hatte Bedenken, den Bahnbau einem privaten Unternehmen zu übertragen. Hinzu kam, daß man sich der Wichtigkeit des noch fehlenden Teilstückes zwischen Grevenbroich und Köln bewußt war und somit der Ausbau der Staatseisenbahnverwaltung vorzubehalten sei. Auch hatte sich das Ministerium für öffentliche Arbeiten bereits am 28. März 1893 dagegen ausgesprochen, diese Eisenbahnlinie dem Kleinbahngesetz zu unterwerfen. Die Kreislandräte Neuss und Grevenbroich sprachen sich ebenfalls für den Ausbau durch den Staat aus. Weiterhin schloß sich der Regierungspräsident den Äußerungen der Kölner Eisenbahnverwaltung an, daß die Kleinbahnverbindung im finanziellen Interesse der Staatsbahn ganz und gar zu verhindern oder auf unabsehbare Zeit auszusetzen sei. So sei es ratsam, recht bald die Linie von Seiten des Staates selbst auszuführen. Am 4. Dezember 1893 setzten sich die Behörden durch und so wurde der Antrag der Firma "S. N. Wolff & Cie." in Wevelinghoven für die Bauausführung vom Ministerium für öffentliche Arbeiten in Berlin abschlägig beantwortet. Mit diesem Bescheid gab man sich aber im Landratsamt in Neuss nicht zufrieden. So setzte der Landrat Gerhard Schorlemer schon am 20. Dezember 1893 an den Geheimen Landrat Steilberg ein erneutes Schreiben auf, welches ganz im Sinne der Befürworter der Kleinbahn gehalten war. Hierin wurde das zuvor behandelte Schreiben des Bürgermeisters Kaiser als tatsächliche Situation für die Gemeinden der Gilbach angefügt. Auch ging man von der Vermutung aus, daß die Vollbahnlinie in den nächsten Jahren nicht gebaut würde, so daß die Existenzberechtigung einer Kleinbahn gegeben sei. Weiterhin hieß es: "Die abweichende Meinung des Landrates zu Grevenbroich gründet sich lediglich auf die Verhältnisse des Kreises Grevenbroich, dessen Bedürfnisse durch die Eisenbahnlinien Neuss nach Düren und Hochneukirch nach Grevenbroich bereits befriedigt ist."

Dem Für und Wider einer Kleinbahn wurde durch einen Beschluß aus Berlin zwei Monate später jede weitere Diskussionsgrundlage entzogen. Am 20. Februar 1894 teilte der Oberpräsident der Rheinprovinz -Hape- nach Düsseldorf mit, daß zur Zeit dem Landtage der Monarchie die Entwürfe für den staatsseitigen Ausbau der Bahnlinie sowie deren Gesetze vorliegen. Damit wurden die Anträge für die Ausführung einer Kleinbahn als erledigt betrachtet.

Was nun der Exkurs dieser Kleinbahnkonzessionierung einigen Gemeinden wirklich gebracht hat läßt sich im Nachhinein nicht mehr feststellen. Jedenfalls blieb diese Region mit ihrem Wunsch nach einer eigenen Eisenbahnlinie bis zur höchsten Stelle des Königreiches in Berlin in aller Munde.

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