Bahnhof Oekoven

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Inhaltsverzeichnis

Chronik des Bahnhofs Oekoven und der Grubenanschlußbahn

von

Günter Krall


Anschrift des Herausgebers und des Autors

  • Mönchengladbach 1997
  • Feld- und Werksbahn Museum e. V.
  • Zur Werksbahn 1
  • 41569 Rommerskirchen
  • z.Hd. Günter Krall

Vorwort

Mit dieser kleinen Studie soll der Versuch unternommen werden, dem Interessierten die geschichtliche Entwicklung der Eisenbahn in Oekoven (an der Strecke Grevenbroich - Köln) näherzubringen. Die Planung dieser Eisenbahnlinie erstreckte sich über vierzig Jahre. Längere Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Interessengruppen verursachten immer wieder Verzögerungen. Die wirtschaftliche Bedeutung, der anfängliche Aufschwung und letztlich der Niedergang der Eisenbahn in Oekoven sind zentrale Themen dieser Abhandlung. In den Text sind desöfteren sprachliche Formulierungen eingeflossen, die aus den Originaldokumenten entlehnt wurden, um dem Leser auch die Veränderung unserer Sprache zu verdeutlichen. Diese Formulierungen sind nicht immer als Zitat gekennzeichnet. In einigen Fällen wird dem Leser die wünschenswerte, umfassende Beantwortung von Fragen vorenthalten bleiben müssen. Dies liegt daran, daß trotz größter Sorgfalt beim Ausarbeiten der zur Verfügung stehenden Daten und Informationen immer noch kleine Lücken blieben. Es wird einer später ergänzten und erweiterten Veröffentlichung vorbehalten bleiben, diese noch zu schließen. Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß sich auch in privaten Sammlungen weitere Unterlagen und Fotos zu diesem Thema befinden, würde sich der Autor über jede weitere Information freuen. Abschließend möchte ich meinen Dank all denen aussprechen, die mich durch Rat und Tat bei der Abfassung des Manuskriptes unterstützt haben. Besonders aber danke ich Frau Agnes Koth (geborene Schmitz) und Helgard Krall und den Herren Rudolf Inkeller und Marcus Mandelartz, und dem Ringlokschuppen - Verlag (Krefeld), für die EDV - Arbeiten.


Die Gemeinde Oekoven

Der heutige Ort Oekoven wird zum ersten Mal 1180 unter der Bezeichnung Hudekoven, bzw. Udenhoven genannt. 1209 wird auch der Name Odinghoven verwendet. Obwohl die Herkunft des Namens nicht genau geklärt ist, läßt die Endung "-hoven" darauf schließen, daß Reichswaldungen in der frühen Zeit zur Rodung und Nutzbarmachung freigegeben wurden. Im Raume Grevenbroich ließen sich zwar keine Reichswaldungen feststellen, es kann sich hierbei jedoch um traditionelle Benennungen handeln, wie sie im ganzen Rheinland vorkommen. Die Gemeinde Oekoven selbst wird im Jahre 1790 erstmals genannt. Der Ort gehörte zeitweise zum Amt Evinghoven. Erst 1975 wurde Oekoven mit den umliegenden Gemeinden zur Gemeinde Rommerskirchen zusammengefaßt. Der bis dahin bestandene Landkreis Grevenbroich, welcher erst 1929 neu geordnet wurde, kam 1975 zum Kreis Neuss. Dies betraf auch die Ortschaft Oekoven und hat bis heute (1997) seine Gültigkeit. Zum Stichtag 13. September 1950 lebten in dieser Gemeinde 1057 Seelen, wobei im Ortskern 251 und im Bahnhof Oekoven 21 Menschen wohnten.


Planung der Eisenbahnlinie von Grevenbroich nach Köln - Ehrenfeld

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das Eisenbahnnetz recht schnell. Überall hatte man erkannt, wie wichtig eine Eisenbahnverbindung sein konnte. Sie ermöglichte Handel in einem bis dahin ungeahnten Umfang. Dieses führte zu einem gestiegenen Wohlstand in Stadt und Land. Auch wurden ganz neue Industriezweige erschlossen, die den weiteren Ausbau der Eisenbahn erst ermöglichten. Es war ein weiter Weg, bis eine Eisenbahnlinie gebaut werden konnte. So fanden hinter den Rathausmauern oft erbitterte und hartnäckige Kämpfe statt. Auch die behördlichen Instanzen legten oft Steine in den Weg, die nicht immer so einfach aus den Weg geräumt werden konnten.

Heute, über einhundert Jahre später, ist hiervon vieles vergessen, da zum einen diese Generation nicht mehr lebt und zum anderen heute ganz andere Probleme bewältigt werden müssen. So muß man schon tief in die erhalten gebliebenen Aktenberge der Archive greifen, um noch Dokumente der damaligen Zeit aufzufinden. Manches Schriftstück läßt dann die Geschehnisse wieder recht lebendig werden. So soll nicht nur der zeitliche Ablauf der Projektierung und Planung einer Eisenbahn geschildert werden, sondern auch die Konflikte, die unter den einzelnen Gemeinden um den Kampf der Linienführung ausbrachen. Ebenso soll der behördliche Weg und der finanzielle Ausgleich bei Enteignungen geschildert werden, soweit die Unterlagen hierüber noch Auskunft geben.

Die Region um Oekoven war, und ist es auch heute noch, überwiegend landwirtschaftlich strukturiert. Weiterhin kommt durch die sehr großen Braunkohlenvorkommen in der Umgebung auch dem Abbau dieses Bodenschatzes eine bedeutende Rolle zu. Da kam zur Jahrhundertwende die Eisenbahn gerade recht.

Schon recht früh wurde in Köln der erste Eisenbahnabschnitt am linken Niederrhein durch die "Rheinische Eisenbahn Gesellschaft" fertiggestellt und dem Betrieb übergeben. Anfänglich waren es nur private Eisenbahngesellschaften, die ein immer dichter werdendes Schienennetz erbauten.

Im Einzelnen handelt es sich um die Strecken:

Cöln (am Türmchen) – Cöln - Müngersdorf am 02.08.1839 Cöln – Aachen am 06.09.1841 Cöln - Deutz – Düsseldorf am 20.12.1845 Mönchengladbach – Aachen am 17.01.1853 Cöln – Neuss am 15.11.1855 Düren – Neuss am 01.09.1869

Da die eisernen Handelsstraßen seit 1866 bereits bis nach Venlo (Amsterdam, Rotterdam) führten, lag der Wunsch nahe, sie auf dem kürzesten Weg weiter zwischen Rheydt über Grevenbroich nach Köln auszubauen, um so an das weitere Schienennetz Richtung Süden zu gelangen, ohne den Umweg über Neuss in Anspruch nehmen zu müssen. Hierfür machten sich vor allem einflußreiche Gladbacher (Mönchengladbacher) Industrielle, sowie die dortige Handelskammer stark. Bereits 1864 wurde eine "Denkschrift betreffend den Bau einer Eisenbahn Gladbach – Cöln" veröffentlicht. Die damalige RhE war schließlich bereit, diese Eisenbahnlinie zu bauen. Schon 20 Jahre zuvor wurde eine erste Eingabe an den preußischen Staat über den geplanten Streckenbau eingereicht. Dieser lehnte das Vorhaben schlicht ab, da man diese Strecke für unwichtig hielt. Das Ergebnis war auch 1864 noch unverändert und die Konzession wurde nicht erteilt. Am 16. Mai 1870 wurde der "Bergisch Märkischen Eisenbahn" (BME) die Konzession übertragen, welche aber bis zu ihrer Verstaatlichung am 1. Jan. 1882 nichts Entscheidendes unternahm. Nun hatte die "Königlich Preußische Eisenbahn Verwaltung" (KPEV) die Geschicke der Eisenbahn am linken Niederrhein übernommen. Es wurde die "königliche Eisenbahn Direktion Cöln linksrheinisch" (KED Cöln lrh.) gegründet.

Unter dieser staatlichen Verwaltung wurde die Streckenführung von Hochneukirch bis Grevenbroich fertiggestellt und am 1. Mai 1889 dem Betrieb übergeben. Der Stadt Grevenbroich war viel daran gelegen, daß die Strecke bis nach Ehrenfeld weitergeführt wurde, da sie dann durch die kreuzende Eisenbahnlinie Neuss - Düren zu einem Knotenpunkt würde. Interessanterweise hat die damals schon vorhandene Strecke Neuss - Düren heute nur eine untergeornete Bedeutung ist auf der Teilstrecke Bedburg - Düren bereits stillgelegt; während die Strecke Grvenbroich - Köln, um deren Bau so zäh gerungen wurde, heute zu den Hauptgüterverkehrslinien mit internationaler Bedeutung gehört.

So wurden insgesamt drei Petitionen vom Kreis Grevenbroich an den königlichen Regierungspräsidenten -Freiherr von der Recke- welcher damals seinen Sitz in Düsseldorf hatte, verfaßt. Diese Petitionen tragen die Daten vom 4. Mai 1886, 18. Juni 1888 und 20. August 1889. In der dritten Eingabe wurde auf die Wichtigkeit des Projektes für die Industrie und Landwirtschaft der Region hingewiesen. Der wirtschaftliche Aufschwung lag den Vertretern des Kreistages von Grevenbroich besonders am Herzen. Man befürchtete aber, daß das Projekt erst nach Fertigstellung des Kölner Bahnhofs neu aufgegriffen werden sollte. Man bezog sich auf eine Rede vom 30. März 1885, die der Regierungspräsident im Abgeordnetenhaus gehalten hatte. Da nicht abzusehen war wie lange diese Umbauarbeiten in Köln noch anhalten würden, befürchtete man eine Verschiebung um mehrere Jahre. Man bat abermals um die baldige Inangriffnahme und Fertigstellung der geplanten Neubaustrecke. Die zum wiederholten Male in den Petitionen angegebenen Gründe waren der erhoffte Aufschwung der Baumwoll- und Maschinenfabrikation, von dem auch die Arbeiten der Nachbarorte Grevenbroich und Elsen profitiert hätten. So wurde der Mangel des fehlenden Schienenweges zur rheinischen Handelsmetropole Köln immer spürbarer. Auch auf die landwirtschaftliche Bedeutung wurde eingegangen: "Der östliche Teil des Kreises, die sogenannte Gilbach, eine der fruchtbarsten und exportfähigsten Gegenden nicht bloß der Provinz, sondern der ganzen Monarchie, entbehrt bislang für den Absatz ihrer Produkte jeglicher Eisenbahnverbindung." Man bedachte der Schwierigkeiten, die zur Zeit mit den laufenden Umbaumaßnahmen in Köln zusammenhingen, und gäbe sich zufrieden, wenn die Eisenbahnlinie vorerst in einem Kölner Vorort (Ehrenfeld oder Nippes) enden würde. Reisende und Güter hätten dort Anschluß an weitere Züge. Ausdrücklich wurde auch noch daran erinnert, daß nun schon über 40 Jahre um das Bauvorhaben gekämpft würde.

Diese Eingabe gelangte bis zur höchsten Stelle, dem königlichen Staatsminister für öffentliche Arbeiten, Herrn von Maybach, in Berlin. Am 21. November 1889 wurde vom königlichen Oberpräsidenten der Rheinprovinz, welcher seinen Sitz in Koblenz hatte, das Schreiben wie folgt beantwortet: "Es wird um eine Prüfung des Streckenbaues Grevenbroich bis Ehrenfeld gebeten." Zwischenzeitlich lagen auch Anträge der Gemeinden Rheydt und Odenkirchen vor, welche ein gewisses Interesse am Streckenbau zeigten. Diese Anträge wurden ebenfalls vom Oberregierungspräsidenten beantwortet. Er teilte recht diplomatisch mit: "...daß er die Unterlagen eingesehen habe und diese nicht aus den Augen verlieren wird und zur gegebener Zeit...". Solche Formulierungen werden in der Politik noch heute gerne gebraucht.

Wie interessiert der Kreis Grevenbroich am angestrebten Bauvorhaben war, zeigte die Tatsache, daß nur einen Tag später, am 22. November 1889, vom Regierungspräsidenten in Düsseldorf eine Mitteilung über den gegenwärtigen Stand der Dinge erbeten wurde. Man erhoffte sich vor allem eine Stellungnahme der Eisenbahndirektion Köln, welche in Düsseldorf eingehen sollte. Eine Woche später, am 28. November 1889, kam die erhoffte Nachricht aus Düsseldorf zum Kreis Grevenbroich. Die Eisenbahndirektion wurde daraufhin informiert und antwortete, daß eine Einmündung der geplanten Neubaustrecke in Ehrenfeld oder Nippes (Anschluß an die Strecke Köln - Aachen) ohne größere Probleme möglich sei. Da aber noch keine Pläne fertiggestellt waren, bat die Eisenbahnverwaltung von einer Verfolgung einer Antragsfrist einstweilen abzusehen weil die Bahnhöfe Ehrenfeld und Nippes in der nächsten Zeit eine wesentliche Umgestaltung erfahren würden. Solange diese Umbauarbeiten nicht abgeschlossen seien, sah es die Eisenbahnbehörde als "untunlich", das Projekt der neuen Eisenbahnlinie von Grevenbroich in Angriff zu nehmen. Die Erfolgsaussichten des Kreises waren damit wieder gesunken!

Somit sah sich der Kreis wieder mit den schon seit Jahren andauernden Argumenten konfrontiert. Am 9. Januar 1890 teilte das kgl. Landratsamt in Gladbach dem Regierungspräsidenten in Düsseldorf mit, daß der Kreistag am 20. Dezember 1889 beschlossen habe, sich der Petition für den Streckenausbau nach Ehrenfeld anzuschließen. Maßgeblichen Personen in Grevenbroich gingen verständlicherweise die behördlichen Akrobatenstücke zu langsam voran. So versuchte man die Angelegenheit zu beschleunigen und schaltete die oberste Zuständigkeitsbehörde ein. So bat der Landrat von Grevenbroich am 1. Februar 1890 den Regierungspräsidenten, die Petition an den Minister für öffentliche Arbeiten in Berlin weiterleiten zu wollen. Um ihren Interessen weiteren Nachdruck zu verleihen, teilt der Landrat zu Grevenbroich am 3. Februar 1890 mit, daß die Eingaben der Gemeinden Gladbach, Rheydt, Odenkirchen und Grevenbroich gemeinsam das gleiche Ziel verfolgen. Aber alle Briefaktionen des Kreises an die staatlichen Behörden, konnten den preußischen Beamtenstaat nicht aus dem Konzept bringen. So ruhten erst einmal für eineinhalb Jahren alle Kontakte.

Erst am 14. August 1891 beauftragte das Ministerium für öffentliche Arbeiten in Berlin die KED Cöln lrh. mit der Ausarbeitung der zu vollziehenden Grundstückserwerbungen (Enteignungen). Dieses sollte nach der Maßgabe geschehen, daß auf der neuen Eisenbahnlinie jederzeit Vollbetrieb stattfinden könne. Der Grunderwerb war deshalb für einen zweigleisigen Unterbau zu ermitteln, obwohl zunächst nur an einen eingleisigen Ausbau gedacht war. Außerdem galt es die Interessenten, die sich an den Baukosten beteiligen wollten, zu ermitteln. Die Ergebnisse der Arbeiten sollten in einer zu verfassenden Denkschrift zusammengestellt und dem Regierungspräsidenten in Düsseldorf vorgelegt werden. Desweiteren waren die Enteignungsvorarbeiten vorrangig zu behandeln.

Am 25. August 1891 erging schließlich vom Oberpräsidenten in Koblenz der Auftrag, mit den allgemeinen Vorarbeiten zu beginnen. Davon unterrichtete man auch das Ministerium für öffentliche Arbeiten in Berlin, den Regierungspäsidenten in Düsseldorf und den Landrat von Grevenbroich. Aus dem Inhalt des Schreibens geht auch die Meinung und Ansicht des Regierungspräsidenten -Freiherr von der Recke- über den Bahnbau hervor. Er schrieb dem Minister für öffentliche Arbeiten, er sei der Ansicht, daß dieser geplanten Eisenbahnlinie nach Köln überregionale Bedeutung zukomme und sie nicht nur die Aufgabe habe, die beiden Orte Grevenbroich und Köln zu verbinden oder das fruchtbare Gebiet der Gilbach zu erschließen. Wegen dieser überregionalen Bedeutung erklärte sich die Staatsregierung bereit für die Grunderwerbs- und Baukosten aufzukommen. Bei ausschließlich regionaler Bedeutung einer Bahnlinie hätten die Gemeinden hierfür selber Sorge tragen müssen. Er erwähnte die weitreichende Bedeutung: nämlich daß durch den Bahnbau die Großindustriestädte Köln, Rheydt und Mönchengladbach verbunden würden, und somit der Umweg über Neuss entfiele. Ein beträchtliches Verkehrsaufkommen könne somit direkt auf dem kürzesten Bahnweg abgewickelt werden. Auch würde weit über die Provinz¬ und Staatsgrenze hinaus eine Auswirkung zu erkennen sein, da die Linie über Rheindahlen bis hin nach Antwerpen führe. Aus diesen Gründen sah er es als nicht gerechtfertigt an, wenn die betroffenen Industriellen für die Baukosten der Strecke mit herangezogen würden. Als Präzedenzfall führte er den Bahnbau Hochneukirch nach Grevenbroich an, wo derartige Forderungen nachträglich zurückgezogen worden waren und alleine auf Kosten des Staates gebaut wurde.

September 1891 erbat der Regierungspräsident in Düsseldorf zur weiteren Information noch nachträglich eine Skizze von der Eisenbahndirektion über den geplanten Verlauf der Strecke. Da der beamtenmäßige Weg eingehalten werden mußte, gingen die Unterlagen am 22. September 1891 zunächst einmal zur übergeordneten Stelle nach Koblenz. Am 2. Oktober 1891 gab der Regierungspräsident in Düsseldorf die Weisung über die Enteignung von Grundstücken an den Kreis Grevenbroich sowie der KED Cöln lrh. zu Veröffentlichung frei. Vier Tage später, am 6. Oktober 1891, wurde auch die KED Cöln lrh. von Düsseldorf beauftragt, eine Ermittlung der Interessenten zur Beteiligung an den Baukosten festzustellen. Wegen dieser Aufstellung teilte das Landratsamt Neuss am 16. Oktober 1891 der Düsseldorfer Behörde folgendes mit: "Die in unserem Kreis liegenden Gemeinden Rommerskirchen und Nettesheim sind bereit einen Bauzuschuß für die Baukosten zu leisten. Es wird erwogen den Grunderwerb von den Gemeinden zu übernehmen, beziehungsweise daß die Interessenten die Grundstücke unentgeltlich zur Verfügung stellen. Eine Beteiligung an den Baukosten vom Kreis Neuss ist nicht zu erwarten, da lediglich die beiden genannten Gemeinden betroffen seien. Vom größten Grundstücksbesitzer, Freiherr von Diergarth (Armenverwaltung Cöln) wird angenommen, daß er die Grundstücke nicht unentgeltlich abgeben wird, da eine Benutzung der Eisenbahn nicht für ihn in Betracht kommt. Er sieht die Möglichkeit, die Baukosten wegen der überregionalen Bedeutung der Linie wieder zurückzubekommen."

Die KED Cöln lrh. begann nun mit der Festlegung des genauen Streckenverlaufes in Raum Köln und sandte das Ergebnis an 25. Dezember 1991 nach Düsseldorf. Auch die weitere Linienführung bis Grevenbroich wurde ausgearbeitet. Diese Vorlage der Eisenbahn wurde den beteiligten Behörden vorgelegt. Aufgrund dieser Unterlagen teilte der Landrat von Grevenbroich am 26. Januar 1993 der Regierung in Düsseldorf mit, daß man alles mit dem Kreise Neuss abgesprochen habe und die vorgeschlagene Linienführung von der KED Cöln lrh. in Betracht kommen könne. Alle Interessenten seien benachrichtigt und man machte eine dringende Befürwortung für den baldigen Ausbau der Strecke wie folgt geltend: Die Linienführung würde den Wünschen der Gemeinde Wevelinghoven entsprechen, sowie der Gilbacher Zuckerfabrik, wobei auch der Stadt Grevenbroich eine wirtschaftliche Bedeutung zukomme. Wurde da nicht einfach über die Interessen des Gemeinderates Wevelinghoven hinwegargumentiert, wie wir im weiteren Verlauf noch sehen werden?

Bei Oekoven solle die vorgesehene "Haltestelle mit Güterverkehr" auch für die Ortschaften Deelen, Uekinghoven, Evinghoven, Widdeshoven, Höningen und Ramrath eine Bahnverbindung bieten. Vereinzelte Wünsche würden ja noch später geäußert und berücksichtigt werden können.

Soweit die Ausführungen des Landratamtes zu Grevenbroich. Auch der Landrat in Neuss nahm Stellung zu diesem Thema und stimmte am 30. Januar 1893 der Linienführung zu. Interesse an einer Beteiligung am Bahnbau hatten nur Rommerskirchen und Nettesheim. Lediglich die umliegenden Ortschaften Frixheim, Anstel, Nettesheim und Butzheim wünschten einen anderen Streckenverlauf, damit eine bessere Verbindung zur Provinzialstraße (heute B 59) in Rommerskirchen zustande gekommen wäre.


Das Kleinbahnprojekt Capellen - Wevelinghoven - Köln

Der Ursprung für dieses Vorhaben ist in der Enttäuschung über das immer wieder hinausgeschobene Bahnprojekt zu suchen, so daß die Bevölkerung in einer Art Selbsthilfe eine einfache und recht schnelle Lösung sah. Auch wurde von den Interessenvertretern von Capellen - Wevelinghoven und Rommerskirchen - Nettesheim hier eine Möglichkeit gesehen, doch noch eine Eisenbahnlinie von ihren Orten nach Köln zu bekommen.

Ursprünglich war 1864 die Eisenbahnlinie nach Köln weiter nördlich vorgesehen und man hoffte, daß die Linie nach Grevenbroich aus Richtung Norden bei Capellen - Wevelinghoven vorbeigeführt würde. Diese Projektierung wurde aber später nicht mehr von der Staatsbahn aufgegriffen, worüber die betroffenen Gemeinden natürlich nicht erfreut waren. Durch die langwierigen Verhandlungen über vier Jahrzehnte war es noch immer nicht zum Bau der Linie nach Köln gekommen. So sah man nun eine Chance für eine Kleinbahn und machte entsprechende Konzessionierungseingaben.

Dazu nahm am 5. September 1883 der Landrat zu Grevenbroich Stellung und schrieb Freiherrn von der Recke. Man erkannte und betonte wie zuvor das dringende Bedürfnisse der Erschließung des fruchtbaren Gilbachgebietes. So hieß es in diesem Schreiben: "Diese würde aber in einer genügender Weise niemals durch eine Kleinbahn allein erreicht werden können und es bedarf vielmehr vor allem das Erstrebte und von der kgl. Staatsregierung schon so lange Versprochene, aber immer noch nicht erfolgten Ausbaues einer Vollbahn von Köln nach Grevenbroich. An dieser Vollbahn werden sich dann später nach verschiedenen Richtungen die Kleinbahnen zur völligen Erschließung dieser Gegend anzuschließen haben." Für die Kleinbahn sah man auch für die Industrie keinerlei Nutzen mit Ausnahme der Gilbacher Zuckerfabrik. Weiterhin würde diese Kleinbahn, nach dem Bau der Vollbahn, auf den weitaus größten Strecke überflüssig und kaum lebensfähig sein. Sollte die Baugenehmigung aber erteilt werden, so sah der Landrat Brüning von Grevenbroich darin die Gefahr, daß der Ausbau der Vollbahn um weitere Jahre zurückgestellt werde und bat deshalb den Regierungspräsidenten um die Versagung der Konzession.

Nun lagen zwei gegensätzliche Meinungen den Behörden vor. Noch bevor diese ihre Stellungnahme abgegeben hatten, versuchte Bürgermeister Kaiser von Rommerskirchen - Nettesheim in einem ausführlichen Brief die Situation im Gilbachgebiet darzustellen und den Landrat in Neuss -Dr. jur. Freiherr von Schorlemer- mitzuteilen, wie wichtig eine solche Kleinbahn dort wäre. Man unterstützte die Bemühungen zum Bau einer Kleinbahn voll und ganz und hatte dafür sogar Unterschriften gesammelt. Weiterhin wurden erneut die landwirtschaftlichen Interessen hervorgehoben, bei der diese Kleinbahn zur Existensfrage werden könnte. Die rückläufige Wirtschaft, sowie eine seit Jahren stagnierende Bevölkerungszahl und leerstehende Häuser zeigten bereits deutliche Zeichen dieser Entwicklung. Von einer blühenden Entwicklung könne also keine Rede sein. Auch wurde angeführt, daß Gemeinden mit Eisenbahnverbindungen vorzugsweise ihre Milch ins 50 Kilometer entfernte Köln absetzen könnten, während man selbst das Nachsehen habe, obwohl die Entfernung nur 20 bis 30 Kilometer betrüge. So sahen sich die Bauern -abhängig von ihrer Milchproduktion- der Konkurrenz der großen Margarinefabriken ausgesetzt, während die Gemüseversorgung des Rheinlandes mehr und mehr durch das nahegelegene Holland erfolge. So könne natürlich keine Wirtschaftssteigerung eintreten. Die Verarmung der Landwirtschaft sei die Folge. Wären nicht die Zuckerfabriken mit Vorschüssen auf die Rübenernte zur Stelle gewesen, hätte schon so mancher Betrieb geschlossen werden müssen. Aber bei sinkenden Zuckerpreisen sah man auch hier keine Hoffnung für die Zukunft. Man warf den Abgeordneten der Stadt und des Kreises Neuss vielmehr vor, daß die Eisenbahnlinie Grevenbroich - Köln von ihnen nicht gewünscht würde und es auch in der Zukunft so bleiben würde. Dem gegenüber wäre eine Kleinbahn schnell gebaut und könnte schon 1894 den Betrieb aufnehmen. Man fragte an, ob es den Gemeinden zwischen Grevenbroich und Köln abgeschlagen werden könne, ein für die Existenz unumgängliches Verkehrsmittel zu bekommen und bat um Erteilung der Baugenehmigung der Kleinbahn. Aus diesem mit aller Offenheit geschriebenen Schreiben geht Enttäuschung und Hoffnung der Gemeinde hervor.

Zwischenzeitlich wurde an den Geheimen Regierungsrat Steilberg die Bitte herangetragen, daß der Ausbau der Kleinbahn einer privaten Firma übertragen werden solle. Dieser unterrichtete davon die zuständige Stelle in Düsseldorf. Daraufhin wurde im September ein Schreiben an den Oberpräsidenten in Koblenz aufgesetzt. Hieraus geht hervor, daß die Firma "S. N. Wolff & Cie." in Wevelinghoven beauftragt werden solle, die Vorarbeiten und letztendlich auch den ganzen Bau der Kleinbahn auszuführen. Das Angebot dieser Firma wurde jedoch zurückgewiesen. Man hatte Bedenken, den Bahnbau einem privaten Unternehmen zu übertragen. Hinzu kam, daß man sich der Wichtigkeit des noch fehlenden Teilstückes zwischen Grevenbroich und Köln bewußt war und somit der Ausbau der Staatseisenbahnverwaltung vorzubehalten sei. Auch hatte sich das Ministerium für öffentliche Arbeiten bereits am 28. März 1893 dagegen ausgesprochen, diese Eisenbahnlinie dem Kleinbahngesetz zu unterwerfen. Die Kreislandräte Neuss und Grevenbroich sprachen sich ebenfalls für den Ausbau durch den Staat aus. Weiterhin schloß sich der Regierungspräsident den Äußerungen der Kölner Eisenbahnverwaltung an, daß die Kleinbahnverbindung im finanziellen Interesse der Staatsbahn ganz und gar zu verhindern oder auf unabsehbare Zeit auszusetzen sei. So sei es ratsam, recht bald die Linie von Seiten des Staates selbst auszuführen. Am 4. Dezember 1893 setzten sich die Behörden durch und so wurde der Antrag der Firma "S. N. Wolff & Cie." in Wevelinghoven für die Bauausführung vom Ministerium für öffentliche Arbeiten in Berlin abschlägig beantwortet. Mit diesem Bescheid gab man sich aber im Landratsamt in Neuss nicht zufrieden. So setzte der Landrat Gerhard Schorlemer schon am 20. Dezember 1893 an den Geheimen Landrat Steilberg ein erneutes Schreiben auf, welches ganz im Sinne der Befürworter der Kleinbahn gehalten war. Hierin wurde das zuvor behandelte Schreiben des Bürgermeisters Kaiser als tatsächliche Situation für die Gemeinden der Gilbach angefügt. Auch ging man von der Vermutung aus, daß die Vollbahnlinie in den nächsten Jahren nicht gebaut würde, so daß die Existenzberechtigung einer Kleinbahn gegeben sei. Weiterhin hieß es: "Die abweichende Meinung des Landrates zu Grevenbroich gründet sich lediglich auf die Verhältnisse des Kreises Grevenbroich, dessen Bedürfnisse durch die Eisenbahnlinien Neuss nach Düren und Hochneukirch nach Grevenbroich bereits befriedigt ist."

Dem Für und Wider einer Kleinbahn wurde durch einen Beschluß aus Berlin zwei Monate später jede weitere Diskussionsgrundlage entzogen. Am 20. Februar 1894 teilte der Oberpräsident der Rheinprovinz -Hape- nach Düsseldorf mit, daß zur Zeit dem Landtage der Monarchie die Entwürfe für den staatsseitigen Ausbau der Bahnlinie sowie deren Gesetze vorliegen. Damit wurden die Anträge für die Ausführung einer Kleinbahn als erledigt betrachtet.

Was nun der Exkurs dieser Kleinbahnkonzessionierung einigen Gemeinden wirklich gebracht hat läßt sich im Nachhinein nicht mehr feststellen. Jedenfalls blieb diese Region mit ihrem Wunsch nach einer eigenen Eisenbahnlinie bis zur höchsten Stelle des Königreiches in Berlin in aller Munde.


Die Bahnlinie Grevenbroich - Köln=Ehrenfeld

Die Projektierung

Da es noch einen anderen Vorschlag über den Streckenverlauf von 1864 gab, welcher etwas nordöstlicher verlief und nicht in Grevenbroich endete beziehungsweise begann, sondern bei Wevelinghoven verlaufen sollte, mußte nun der auszuführende Vorschlag festgesetzt werden. Dieses geschah am 29. April 1894 per Gesetz. Die Strecke verlief nun über Oekoven und Rommerskirchen. Die früher erwogene Linie bei Wevelinghoven wurde nicht mehr in Betracht gezogen. Eine wichtige Tatsache hierfür war der im Jahr 1889 dem Betrieb übergebende Eisenbahnabschnitt von Hochneukirch nach Grevenbroich. So war die Einfädelung der Kölner Linie in Grevenbroich nicht mehr so ohne weiteres freizügig zu handhaben, denn es sollte in jedem Fall eine durchgehend befahrbare Bahnlinie zwischen Mönchengladbach und Köln entstehen.

Am 28. Juli 1894 wurde der festgelegte Entschluß von der KED Cöln lrh. nach Düsseldorf mitgeteilt. Hiernach waren nun die geplanten Bahnhöfe Oekoven und Rommerskirchen auf dem Gebiet des Regierungsbezirks Düsseldorf vorgesehen. Zu den Bahnhöfen wurde im einzelnen Stellung genommen und so hieß es wörtlich:

"1) zu Wevelinghoven Die Station Wevelinghoven, welche früher am östlichen Ausgang von Grevenbroich vorgesehen war, ist in den durch das Gesetz vom 29ten April d. J. zur Ausführung genehmigten Entwurf nicht aufgenommen worden. Nach Anordnung des Herrn Ministers der öffentlichen Arbeiten ist jedoch die Linienführung und die Garantie so gewählt worden, das die Möglichkeit einer Stationslage daselbst gewährt bleibt.

2) zu Oekoven Die Station Oekoven soll hauptsächlich dem Verkehr der Ortschaften der Bürgermeistereien Evinghoven dienen. Die gewählte Lage dürfte diesem Zweck entsprechen.

3) zu Rommerskirchen Die nicht günstigen Geländeverhältnissen haben es nicht gestattet, den Bahnhof Rommerskirchen in der unmittelbaren Nähe des Ortes anzulegen. Die Station mußte vielmehr in rund 1,5 km Entfernung vom Orte an der von Neuss nach Bergheim führenden Straße angeordnet werden, ein Umstand, welcher im allgemeinen Verkehrsinteresse nicht allzu schwer ins Gewicht fallen dürfte, weil sich dadurch anderseits für die Ortschaften Eckum, Butzheim, Nettesheim, Frixheim und Anstel ein entsprechend kürzerer Weg zum Bahnhof ergibt."

Die KED Cöln lrh. bat daraufhin um einem Ortstermin in Oekoven und Rommerskirchen um die endgültige Lage der Bahnhöfe zu erörtern.

Am 9. Mai 1894 war es dann soweit. Auf allerhöchsten Erlaß aus Berlin wurde unter Nr. 13 (Nr. 9668) A Nr.10 der Bahnbau Köln - Grevenbroich der KED Cöln lrh. übertragen. Bereits am 17. Juli 1894 waren die ersten Ausfertigungen für die Vorarbeiten fertiggestellt. Dann sollte mit den Feldarbeiten begonnen werden. Die KED Cöln lrh. bat die Regierung in Düsseldorf die diesbezüglichen Aufträge zu veranlassen. Zwei Tage später wurde eine Bekanntmachung veröffentlicht, demnach sofort mit den Erdarbeiten begonnen würde sowie die nötigen Enteignungen der Grundstücke eingeleitet werden sollten.

Auf Grund dieser Tatsachen fand am 23. August 1894 eine kommissarische Ermittlung vor Ort in Barrenstein (um 11 Uhr) und Oekoven (um 12 Uhr) statt. Hier wurde die Linienführung sowie die geplanten Anlagen der Haltestelle mit Güterverkehr in Oekoven besprochen. Aus diesem Ortstermin in Oekoven geht wörtlich hervor:

"Nach Einsicht der vorliegenden Übersichtskarten und des Lageplanes der vorbezeichneten Haltestelle erklärten die Vertreter der Kreis- und Ortsbehörde, daß ihrerseits gegen die gewählte Linie der Eisenbahn und Lage der Haltestelle mit der Maßnahme nichts zu erinnern sei, das die Haltestelle in ihrer ganzen Ausdehnung oder, wenn dies nicht tunlich sei, wenigstens das Empfangs- und die etwaigen übrigen Gebäude der Haltestelle auf dem Gebiet der Gemeinde Oekoven anlegen würde."

Die Vertreter der königlichen Eisenbahndirektion erklärten sich soweit einverstanden, um möglichst den Wünschen nachzukommen. Sie setzten jedoch voraus, daß die Gemeinde Oekoven bereit sein müsse, den erforderlichen Zuführweg zur Haltestelle auszubauen und zu unterhalten. Der Ehrenbürgermeister -Herr Dahmen- erklärte dazu, daß die Gemeinde Oekoven hierzu bereit sei. Das Einverständnis der Gemeinde Oekoven wurde am 30. August 1894 schriftlich vom Regierungspräsidenten bestätigt und der Eisenbahndirektion mitgeteilt.

Was nun so vielversprechend aussah und durch jahrelange Verhandlungen erreicht worden war, sollte nun doch noch nicht zum Abschluß gekommen sein. Was man wohl nicht erahnte, war nun die Auseinandersetzung über den Streckenverlauf, obwohl dieser sogar per Gesetz verabschiedet worden war. Auf einmal, als alles festgelegt war, sah der Eine oder Andere noch persönliche Nach- beziehungsweise Vorteile auf sich zukommen. Besonders die Hartnäckigkeit des Gemeinderates von Wevelinghoven ließ ein besonderes politisches Engagement für seine Region erkennen, das jedoch fruchtlos blieb. Der Kreis und Landrat in Grevenbroich hatten hingegen mit Erfolg versucht, durch gemeinsames Vorgehen die Gemeinde Wevelinghoven im wahrsten Sinne des Wortes einfach links (nordöstlich) liegen zu lassen. Jedenfalls waren die Herrn von Grevenbroich und Wevelinghoven nicht gut aufeinander zu sprechen, wenn es um die Eisenbahntrasse nach Köln ging.

Am 27. Mai 1895 wurde die Gemeinde Evinghoven beim Regierungspräsidenten in Düsseldorf mit einer weiteren Eingabe vorstellig. Man trug die Bitte vor, die Trassenführung im Interesse anderer Gemeinden (Höningen, Widdeshoven, Ramrath) zu ändern. Zu dieser Eingabe nahm zunächst der Geheime Regierungsrat Steilberg mit einer Randbemerkung Stellung. Seine Schlußbetrachtung lief darauf hinaus, daß die Eingabe als ein "ganz charakteristisches Schriftstück mit Untertreibung" beschrieb, indem die Unterzeichner die Geschicke zu ihren Gunsten auszulegen versuchten. Auch der Landrat von Grevenbroich schrieb in seiner Stellungnahme von einem "Eisenbahn-Comite in Wevelinghoven". Dies war natürlich nur eine Anspielung auf das tatsächlich existierenden Eisenbahn-Comite von Mönchengladbach, welches von der dortigen Handelskammer unterstützt wurde. Weiterhin schrieb der Landrat, daß er Vorteile für Evinghoven, aber auch Nachteile bei der bisher festgelegten Linie für andere Anliegergemeinden sähe und hielt letztendlich eine Änderung für kaum wahrscheinlich. Man begründete dieses auch und versuchte die Behörden von der Nutzlosigkeit der festgelegten Strecke zu überzeugen. So argumentierte man wie folgt:

Auszug aus der Eingabe der Gemeinde Evinghoven:

Die Haltestelle Oekoven sei völlig widersinnig, da das Gelände am Rande der Gemeinde liegt. Sie ist für die meisten Bürger und Höfe völlig wertlos. Man habe lediglich auf einen Hof (der Name wird im Original nicht genannt) Rücksicht genommen. Hierzu käme der Ausbau eines Weges zur Provinzialstraße, von dem Evinghoven nicht den geringsten Vorteil hätte. Man beantragte aus diesen Gründen eine Verlegung des Bahnhofs Oekoven. Auch würden so die Mehrkosten von 1.000,- Mark für die Erfüllung der Wünsche von Oekoven eingespart.

Diese Eingabe hat über 30 Unterschriften, die sogar vom Lehrer und Pfarrer unterzeichnet wurden.

Im Grunde hat der Landrat von Grevenbroich keine Einwände, da ja die Bahnhöfe Grevenbroich und Wevelinghoven selbst nicht betroffen waren. Erst im weiteren Verlauf erkannte er dann eine Entwicklung, die ihm gar nicht in das Konzept paßte. Für den Kreis Grevenbroich war es ja ein großer Sieg, daß die Neubaustrecke nun über Grevenbroich gebaut werden sollte. Hier spielte vor allem die festgelegte südöstliche Einfädelung in Grevenbroich eine Rolle, womit die durchgehende Streckenführung nach Mönchengladbach gewährleistet wurde.

Am 13. Mai 1895 teilte die Eisenbahndirektion Köln der Regierung in Düsseldorf mit, daß nun der Gemeinderat von Evinghoven eine Streckenverlegung nach Osten wünsche. Auch Bürgermeister Dahmen von Oekoven bat darum, weil der Gemeinderat so entschieden habe. So könne er die Zusage, den Wegausbau und Unterhaltung zum geplanten Bahnhof Oekoven verbindlich zunächst nicht schriftlich fixieren. Die Verlegung der Bahn sollte zwar die Einmündung bei Grevenbroich ermöglichen, aber letztendlich die Linie auch näher an Wevelinghoven heranführen, um so für einen später anzulegenden Bahnhof eine bessere Ausgangsposition zu schaffen. Die Eisenbahnbehörde war indes daran interessiert zu klären, wie weit eine östliche Verschiebung von staatlicher Seite befürwortet wurde. Nach ihrer Meinung war der avisierte Vorschlag für eine Verlegung viel zu weit nach Nordosten verschoben und kam schon deshalb, abgesehen von zu erwartenden technischen Schwierigkeiten, nicht in Betracht. Die Linie wäre dann nordöstlich von Barrenstein und Oekoven verlaufen. Der Bahnhof Oekoven hätte etwa an der Straße zwischen Oekoven und Deelen angelegt werden müssen, der Bahnhof Wevelinghoven an der Provinzialsstraße Grevenbroich - Köln.

Nun versuchte der Landrat von Grevenbroich, mittels eines Briefes vom 11. Juni 1895 an den Regierungspräsidenten die Behörden umzustimmen und ihre Einwände zu dementieren. Damit wäre den Befürwortern der Streckenlinie über Wevelinghoven jeglicher Wind aus den Segeln genommen worden. Eingehend auf den Inhalt des Schreibens kann folgendes gesagt werden: Man befürwortete zunächst die festgelegte Streckenführung. Bei einer örtlichen Verhandlung darüber, welche am 23. August 1895 stattfand, kamen keine Einwände. Es wurde nur angeregt die Station Oekoven ganz auf das Gebiet der selbigen Gemeinde zu verlegen. Desweiteren wurde der Versuch der Gemeinde Wevelinghoven, die festgesetzte Streckenführung zur Aufgabe zu bringen, um die Linienführung über ihre eigene Gemeinde führen zu können kritisiert. Insbesondere das wirtschaftlich stärkere Grevenbroich konnte Wevelinghoven besondere Bedingungen stellen.

Dennoch mußte die Eisenbahndirektion von der erneut festgelegten Streckenführung unterrichtet werden. Am 5. Juli 1895 lehnte sie den Vorschlag der Trassierung über Wevelinghoven ab.

Selbst nach diesem niederschmetternden Ergebnis für Wevelinghoven gab man sich dort nicht geschlagen. Am 16. Juli 1895 wurde ein weiteres Schreiben an den Regierungspräsidenten in Düsseldorf aufgesetzt. Darin brachte man seine Enttäuschung zum Ausdruck. In der Hoffnung, doch noch etwas erreichen zu können, versuchte man mit fadenscheiniger Argumentation die Gunst auf das favorisierte Projekt zu lenken. Dabei wurde angeführt, daß neben einer begradigten Linienführung auch die geringere Entfernung von nur einem Kilometer, gegenüber von sechs Kilometern der Ortschaft Oekoven, eine entscheidende Rolle spielen müsse. Desweiteren wurde der Versuch unternommen, die Wichtigkeit Wevelinghovens in den Vordergrund zu stellen. Aber genau das hatte ja Grevenbroich ca. fünf Wochen zuvor noch abwertend darzustellen versucht. Letztlich war auch diesmal den Unterstützern Wevelinghovens kein Erfolg beschieden, obwohl sich alle behördliche Stellen, bis hin nach Berlin damit beschäftigt hatten. Es blieb dabei: Die Strecke wurde über Oekoven projektiert und nicht über Wevelinghoven! Diese Mitteilungen schlugen wohl wie ein Blitz im dortigen Amt ein. Briefe aus Berlin (vom 19. September und 19. Oktober 1895) sowie ein Schreiben aus Koblenz, vom 26. Oktober 1895, bekräftigten das zuvor Gesagte. Ein lange andauerndes Tauziehen fand endlich sein Ende.

Landrat Brüning aus Grevenbroich nahm am 3. September 1895 erneut zur Eingabe Stellung und befürwortete die Verlegung der Bahn auf einer Länge von acht Kilometern. Er sah hierin vor allem eine 15 minütige Zeiteinsparung für die Fuhrwerke der umliegenden Ortschaften, wenn der Bahnhof Oekoven nördlich der Ortschaft gebaut würde. Der Linienführung konnte er aber nur zustimmen, weil die Einführung östlich von Grevenbroich unverändert beibehalten werden sollte. Alle weitere Baumaßnahmen wären nach Plänen der Eisenbahnbehörde auszuführen gewesen.

Die Gemeinde Oekoven hatte noch während der Auseinandersetzungen um den genauen Streckenverlauf am 23. Juli 1895 beschlossen, den Weg zum Bahnhof auszubauen und für dessen Unterhaltung aufzukommen. Dabei wurde auch der genaue Standpunkt des Bahnhofs und der nötige Grunderwerb für den späteren zweigleisigen Ausbau festgelegt. Anfangs war, wie bereits zuvor erwähnt, nur ein Gleis geplant. Die Bahnanlage sollte für eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h ausgelegt werden. Dieses Einigungsergebnis wurde von seiten der Eisenbahn am 30. November 1895 nach Düsseldorf weitergeleitet. Ebenfalls im November 1895 stellte die Bahn für die gesamte Strecke eine Aufstellung aller benötigten Bauwerke auf. Sie trug die Überschrift: "Aufstellung des Bauwerk - Verzeichnis respektive Nachweis von der Bahnlinie bezeichneten Cumminikations- und Vorfluth - Verhältnisse und Bezeichnung der für dieselben projectierten baugleichen Anlagen". Diese Aufstellung wurde dem Regierungspräsidenten in Düsseldorf am 18. Dezember des gleichen Jahres zur Prüfung vorgelegt.

Bereits am 7. Januar 1896 fand die polizeiliche Prüfung in Grevenbroich statt, der das vorgenannte Bauverzeichnis zugrunde gelegt wurde. Hierbei sollten etwaige Schwierigkeiten besprochen und mit den Behörden abgeglichen werden. Diese Einsicht erfolgte am 20. Januar 1896 (Düsseldorf) beziehungsweise am 17. Juni 1896 (Berlin). Am 4. Juli 1896 lag dann diese Akte wieder bei der KED Cöln vor. Die Eisenbahndirektion in Cöln, linksrheinisch und rechtsrheinisch, waren indem im Zuge der Umgestaltung aller preußischer Eisenbahnbehörden neu organisiert und am 1. April 1895 zur neuen KED Cöln zusammengelegt. Sie blieb aber nach wie vor federführend für den beschriebenen Streckenbau.

Obwohl nun alles geklärt zu sein schien, fanden anschließend noch weitere Schriftwechsel statt. Sie betrafen hauptsächlich die anzulegende Erft- und Gilbachüberquerung sowie die Haltestellen Pulheim, Stommeln, Rommerskirchen und Oekoven.


Die Enteignung der Grundstücke

Am 2. Juni 1896 wurde in Oekoven eine Vermessungsliste angefertigt. In ihr waren alle Eigentümer mit den genauen Grundstücksgrößen aufgeführt, die als Betroffene zu Gunsten des anstehenden Bahnbaues enteignet werden sollten. Diese Unterlagen waren die sogenannten Tarhefte, um die Entschädigungen ermitteln zu können.

Dagegen erhob Frau Emilie Aldringen (Witwe des Landrats) Einspruch, weil durch den Eisenbahnbau ihre Grundstücke geteilt würden und sie dann ohne direkten Zugang zu ihrem Grundstück sei. Desweiteren lehnte die KED Cöln zwei weitere Übergänge, zum Bongardshof und nach Barrenstein, welche beantragt wurden, am 17. November 1896 aus Sicherheitsgründen ab. Nun ging es Schlag auf Schlag. Am 19. November 1896 kam die Billigung aus Berlin, eine Entschädigung für das Anlegen eines Weges auf dem Ackerland zu leisten. Die KED Cöln bestätigte am 12. August 1896 die am 4. Mai 1896 aufgestellten Bewässerungslisten von Oekoven der Regierung in Düsseldorf. Gleiche wurde auch von Allrath und Barrenstein bestätigt.

In diesen beiden Gemeinden wurde am 22. August 1896 offiziell, durch eine Bekanntmachung, der Bahnbau von Köln nach Grevenbroich veröffentlicht. Diesem Schriftstück war gleich ein genauer Enteignungsplan mit Nennung allen Betroffenen und Grundstücksabtretungen beigefügt. Einsprüche könnten innerhalb von 14 Tagen schriftlich oder mündlich zu Protokoll gegeben werden. Bereits zuvor war der Bahnbau in die preußische Gesetzessammlung vom 3. Juli 1896 Nr. 14 Seite 107 aufgenommen worden.

Auf Grund dieser Bekanntmachung kamen erneute Einsprüche seitens der Betroffenen. Hauptsächlich betrafen sie die Zerschneidungen von Wegen durch den Eisenbahnbau. In den Unterlagen woraus die genannten Enteignungen hervorgingen, waren auch alle Abgeltungen für Folgeschäden enthalten. Die Enteignungssummen variierten für jedes Ar (= 100 m2; Fläche von 10 x 10 Meter)) zwischen 50 und 60 Mark. Gemeindegrundstücke wurden oft mit 20 Mark bewertet, da es sich überwiegend um Wege und nicht um Ackerland handelte. Da die Gemeinden ein Interesse am Bahnbau hatten, beteiligten sie sich oft an den Kosten, indem sie die Grundstücke kostenlos zur Verfügung stellten.

Jeder Betroffene bekam zwischen Mai und Juni 1897 eine Postzustellungsurkunde, in welcher die Einleitung der Enteignung der Grundstücke angeordnet wurde.

Sehen wir uns einmal das Tarheft der Gemeinde Oekoven an. Die Angaben wurden schon um die Entschädigungsbeträge erweitert:

Nellen, Karl 1,44 Ar (44,00 Mark) = 63,36 Mark Nellen, Karl 3,97 Ar (44,00 Mark) = 164,68 Mark 1) Nellen, Engelbert 8,20 Ar (48,00 Mark) = 393,60 Mark Armen - Verwaltung 9,06 Ar (0,00 Mark) = 0,00 Mark 2) Armen – Verwaltung 192,60 Ar (0,00 Mark) = 0,00 Mark 2) Küsterei 11,87 Ar (60,00 Mark) = 712,20 Mark 3) Pastorat 29,17 Ar (69,00 Mark) = 2012,73 Mark 4) Gemeinde 0,36 Ar (20,00 Mark) = 0,00 Mark 5) Gemeinde 2,37 Ar (20,00 Mark) = 0,00 Mark 5) Aldringen, Emilie 82,50 Ar (66,00 Mark) = 4950,00 Mark 6)

1) und 31,76 Mark für ein Restgrundstück 2) alles als Antrag auf Pfändung, vorläufig zurückgestellt 3) Ackerland 4) und 85,- Mark für ein Restgrundstück 5) öffentliche Wege 6) und 4470,00 Mark für die Vernichtung der Entwässerung

Der in den Klammern angegebene Betrag ist der festgesetzte Preis für jeweils ein Ar, woraus sich der endgültige Entschädigungsendbetrag errechnen ließ. Am 12. Juni 1897 wurden die oben genannten Angaben mit den Betroffenen zur Festsetzung und Abwicklung des Verfahrens um 10.30 Uhr im Allrather Wirtshaus besprochen. Die Leitung dieser Verhandlung wurden vom Geheimen Regierungsrat Steilberg als Abschätzungskommissar im Auftrag des Regierungspräsidenten durchgeführt. Diese Zusammenkunft wurde auch in der örtlichen Zeitung veröffentlicht. Ob man heutzutage noch ein Enteignungsverfahren in einem Wirtshaus durchführen würde erscheint mehr als fraglich. Sicherlich hatten sich einige Anwesende schon vor der Verhandlung ein kühles Bier für den Abschluß bereitstellen lassen.

Der Vollständigkeit halber sollen an dieser Stelle auch die Angaben, aus den Tarheften der Gemeinden Allrath und Barrenstein aufgeführt werden. Die Angaben von Allrath wurden am Donnerstag, den 18. November 1897, um 12 Uhr mittags im dortigen Lokal des Wirts Verhagen besprochen, unter "Vorlegung des definitiv festgelegten Planes", wie es offiziell hieß.

Kieselstein, H.J. 10,23 Ar (56,00 Mark) = 572,30 Mark Kieselstein, H.J. 9,63 Ar (60,00 Mark) = 577,80 Mark Hüsgen, Josef 5,60 Ar (60,00 Mark) = 336,00 Mark Diederichs, E. 7,24 Ar (60,00 Mark) = 434,40 Mark Schnitzer, J.J. 2,72 Ar (50,00 Mark) = 136,00 Mark Schönen, A. und J. 45,35 Ar (50,00 Mark) = 2267,50 Mark Schönen, A. und J. 0,75 Ar (50,00 Mark) = 37,50 Mark Schönen, A. und J. 7,74 Ar (60,00 Mark) = 464,40 Mark Schönen A. und J. 26,67 Ar (72,00 Mark) = 1920,24 Mark Schönen A. und J. 20,54 Ar (60,00 Mark) = 1232,40 Mark Schönen A. und J. 15,80 Ar (60,00 Mark) = 948,00 Mark Effertz, P.J. (Witwe) 6,07 Ar (0,00 Mark) = 0,00 Mark 1) Oehmen, W. (Ehefrau) 1,67 Ar (60,00 Mark) = 100,20 Mark Leusch, Karl 2,90 Ar (60,00 Mark) = 174,00 Mark Kindgen (Geschwister) 8,12 Ar (72,00 Mark) = 584,64 Mark Langen, Peter 0,50 Ar (50,00 Mark) = 25,00 Mark Langen, P. + Kaiser, P. 0,67 Ar (50,00 Mark) = 33,50 Mark Kaiser, Philipp 0,82 Ar (50,00 Mark) = 41,00 Mark Krüppel (Geschwister) 1,09 Ar (60,00 Mark) = 65,40 Mark Gemeinde Allrath 1,35 Ar (20,00 Mark) = ,00 Mark 2) Oehmen, Heinrich 0,95 Ar (60,00 Mark) = 57,00 Mark Spelter, Peter 0,09 Ar (60,00 Mark) = 5,40 Mark Robis, A.M. 4,07 Ar (60,00 Mark) = 244,20 Mark

1) für die Zurückstellung des Restgrundstückes sind 200,00 Mark vermerkt 2) Antrag auf Enteignung wurde zurückgestellt

Die Enteignungen für die Gemeinde Barrenstein wurde am Samstag, den 2. Oktober 1897, ebenfalls in der Wirtschaft Verhagen in Allrath um 12 Uhr erörtert. In allen Fällen war der Geheime Regierungsrat Steilberg als Abschätzungskommissar tätig. Da jedes Grundstück einzeln verhandelt werden mußte, kommt es in den Aufstellungen zu mehrmaligen Nennungen einzelner Eigentümer.

Bayer, Reiner 90,87 Ar (60,00 Mark) = 5452,20 Mark 1) Bayer, Reiner 14,73 Ar (60,00 Mark) = 883,80 Mark Bayer, Reiner 65,95 Ar (60,00 Mark) = 3957,00 Mark Schiffer, Josef 29,00 Ar (60,00 Mark) = 1740,00 Mark Oehmen, Heinrich 0,06 Ar (48,00 Mark) = 2,88 Mark Schumacher, J.P. 45,57 Ar (60,00 Mark) = 2734,20 Mark Schumacher, J.P. 13,86 Ar (60,00 Mark) = 831,60 Mark Käter, Theodor 0,40 Ar (60,00 Mark) = 24,00 Mark Schmitz, H. und W. 73,62 Ar (60,00 Mark) = 4417,20 Mark Herriger, Karl 17,62 Ar (60,00 Mark) = 1057,20 Mark Schlipper, J. 37,70 Ar (60,00 Mark) = 2262,00 Mark 2) Behr, Anselm 0,11 Ar (0,00 Mark) = 0,00 Mark Müller, Philipp 8,51 Ar (0,00 Mark) = 0,00 Mark Müller, Philipp 4,11 Ar (60,00 Mark) = 246,60 Mark Dahmen, Heinrich 4,76 Ar (60,00 Mark) = 285,60 Mark 3) Dahmen, Heinrich 38,15 Ar (60,00 Mark) = 2289,00 Mark 3) Gemeinde Barrenstein 1,23 Ar (20,00 Mark) = -0,00 Mark Gemeinde Barrenstein 0,41 Ar (20,00 Mark) = -0,00 Mark Gemeinde Barrenstein 1,53 Ar (0,00 Mark) = -0,00 Mark 4) Gemeinde Barrenstein 0,80 Ar (20,00 Mark) = -0,00 Mark Gemeinde Barrenstein 1,02 Ar (0,00 Mark) = -0,00 Mark 5) Arns, Agnes (Witwe) 9,95 Ar (60,00 Mark) = 597,00 Mark

1) für Enteignung der Restflächen Antrag zurückgestellt 2) Grundstück ist in Wirklichkeit größer als im Katasterplan 3) für die Unterhaltung der Restflächen 4) Grabenmitte ohne Flächenaufgabe, da Fußweg 5) Fußweg

Einen guten Überblick der Grundstücksenteignungen und der dafür gezahlten Entschädigungen - soweit diese ermittelt werden konnten - dokumentiert die nachfolgende Zusammenfassung.

Gemeinde Ar Mark

Allrath 181,17 10.456,88 Barrenstein 459,96 26.780,28 Oekoven 341,54 12.883,33


Der Bahnbau

Leider ließen sich zum Bahnbau selbst keinerlei Unterlagen finden, so daß in diesem Kapitel nicht allzuviel berichtet werden kann. Nachdem die Grundstückeigentümer entschädigt und abgefunden waren, wurde Anfang 1898 mit dem eigentlichen Bau begonnen. Durch die landschaftlichen Gegebenheiten waren keine größeren Kunstbauten erforderlich. Selbst die heute vorhandenen Bahnunterführungen wurden anfangs nur als schienengleiche Kreuzungen angelegt. So kam man mit dem eingleisigen Ausbau recht schnell voran und ab Anfang Juni 1898 konnten bereits die ersten Bauzüge auf der Strecke eingesetzt werden. Noch im selben Jahr, am 1. Oktober, wurde die Bahnlinie bis Pulheim (19,76 km) dem Betrieb übergeben. Das Reststück (11,51 km) bis Ehrenfeld folgte bis zum 1. April 1899. Damit wurde ein langgehegter Wunsch, zwischen Köln und Grevenbroich mit dem Zug fahren zu können, endlich Wirklichkeit.

Die nachfolgende originale Abbildung der Bekanntmachung über die Inbetriebnahme der neuen Eisenbahnlinie ist in zeitgemäßer Schreibweise wiedergegeben. Da heute vermutlich nur noch sehr wenige Leser diese Kanzleischrift entziffern können, erfolgt vorab die "Übersetzung" des Textes.


Bekanntmachung

Auf Grund des § 74 der Betriebsordnung für die Haupteisenbahn Deutschlands vom 5. Juli 1892, 24. März 1897 und 23. Mai 1898 (Reichsgesetzbl. 1892 S. 691, 1897, S. 161, und 1898 S. 349) ist mit Zustimmung des Reichseisenbahnamtes die Anordnung der Bahnordnung für die Neubaueisenbahn Deutschlands vom 5. Juli 1892, 24. März 1897 und 23. Mai 1898 (Reichsgesetzbl. 1892 S. 764, 1897 S. 166 und 1898 S. 355) auf die Eisenbahn von Grevenbroich nach Cöln vom Tage der Eröffnung des Betriebes auf Derselben ab von mir genehmigt worden. Die nach § 43 dieser Bahnordnung zur Aufrechterhaltung der Ordnung innerhalb des Bahngebietes und bei der Beförderung von Per¬sonen und Sachen in Ergänzung der § 44 der Bahnordnung zur erlassenden Anordnung der Bahnverwaltung werden durch Aushang in den Warteräumen nach Maßnahme des § 46 der Bahnordnung bekannt gemacht werden.

Berlin, den 30. September 1898 Der Minister für öffentliche Arbeiten

Beseitigung der Überwege und zweigleisiger Ausbau

Schon innerhalb der ersten zehn Jahren des Bestehens der Eisenbahnlinie Köln - Grevenbroich - Mönchengladbach wuchs der Zugbetrieb dermaßen an, daß die Strecke sowohl durch die Anzahl der Züge, als auch durch die ständig steigenden Zuglasten überfordert war.

So tagte bereits am 7. Februar 1907 der Kreistag in Grevenbroich, um über die Unzulänglichkeiten zu beraten. Die Kölner Zeitung beispielsweise berichtete in ihrer Ausgabe vom 10. Februar 1907 über unhaltbare Zustände, wie ständige Verspätungen, zu langsame Zugverbindungen usw. Man forderte vor allem den zweigleisigen Ausbau dieser Eisenbahnlinie. Die Eisenbahnbehörden reagierten zunächst in der Form, daß man zwei beschleunigte Personenzüge ab dem Sommerfahrplan 1. Mai 1907 einlegte. Diese fand man auch noch im abgebildeten Fahrplan vom Jahr 1916 wieder. (Cöln H.B. ab 6.20 Uhr, München - Gladbach ab 6.34 Uhr) Wie "hochwertig" diese Züge waren zeigte alleine schon die Tatsache, daß beide Züge entgegen den sonstigen Gepflogenheiten, keine 4. Wagenklasse mehr führten. Diese Neuerung wurde dann auch als Erfolgsmeldung am 23. Februar 1907 in der Kölner Zeitung veröffentlicht.

Diese beschleunigten Personenzüge, welche für die 56,9 Kilometer lange Strecke um eine halbe Stunde schneller waren, als die sonst verkehrenden "Bummelzüge", wurden von Anfang an nur als eine Übergangslösung betrachtet. Mit Verlegung des geplanten zweigleisigen Ausbaues sollte das Provisorium hinfällig werden. Daß sich auch die Handelskammer für eine Beschleunigung des bestehenden Personenverkehrs einsetzte, zeigt ebenfalls ein in der Kölner Zeitung veröffentlichter Artikel.

Darin hieß es: So wurde der Druck auf die Eisenbahnbehörde seitens der Öffentlichkeit und Industrie immer größer. Der Kreistag in Grevenbroich trat erneut mit dem Wunsch nach Einlegung von Schnellzügen, sowie dem Ausbau zur zweigleisigen Strecke an die zuständigen Stellen heran. Der Regierungspräsident in Düsseldorf lud daraufhin am 4. Oktober 1910 den Landrat von Neuss sowie am 24. Oktober 1910 die Vertreter der Stadt Grevenbroich und den Gemeinderat von Elsen zur Besprechung der Probleme ein. Nur vier Tage später fand die landespolizeiliche Prüfung statt, wobei es um die Beseitigung von niveaugleichen Wegkreuzungen und die Errichtung von Unterführungen ging. So traf man sich mit Beamten der KED Cöln, dem Meliorationsbaubeamten (Melioration = Bodenvermessung und Entwässerung) des Bauamtes II aus Düsseldorf, dem Landeshauptmann der Rheinprovinz aus Düsseldorf sowie den Vertretern des Oberbergamtes aus Bonn am Freitag den 20. Oktober 1910 um 10.30 Uhr in Rommerskirchen, um von dort aus den Bahnabschnitt bis nach Grevenbroich zu befahren. Die anschließende Abfassung des Protokolls wurde in Grevenbroich vorgenommen.

In Oekoven war eine Unterführung vorgesehen. Es wurde erwartet, das zwischen dem Anschlußbetreiber der Brikettfabik Neurath, des Landkreises und der Eisenbahn eine, wie es in den Unterlagen heißt, "Bereitschaffungsmöglichkeit" geschaffen wird. Hiermit war wohl der finanzielle Aspekt der Umbaumaßnahmen gemeint. So wurde zur Auflage gemacht, daß die Unterführung nachts beleuchtet sein mußte, was auch heute noch Gültigkeit hat. Die Neigung an der südlichen Seite sollte 1 : 40, die zum Feldweg (heute Museumszufahrt "Zur Werksbahn") 1 : 35 nicht überschreiten. Als Wegbreite wurden sechs Meter festgelegt, um an der tiefsten Stelle eine Ausweichmöglichkeit zu schaffen. Diese Auflagen des Kreises Neuss wurden am 20. Oktober 1910 verabschiedet. Der Vertreter der Gewerkschaft hatte gegen diese Unterführung, die ja auch unter der Anschlußbahn herlief, keine Einwände.

Die Überquerung der Schienen vom Bongardshof nach Oekoven, welche mit Schranken abgesichert waren und von der Station Oekoven aus bedient wurden, sollte beseitigt werden (Lage km 24,0+70 m). Entlang der Bahnlinie bis zur geplanten Unterführung in km 24,1+87 m entstand ein Feldweg. Die Entwässerunsgräben wurden hierfür weiter nach rechts verlegt und der Wasserdurchlaß unter der Bahn um 3,5 Meter verlängert. Der Gemeinde Oekoven entstanden dadurch Unterhaltungskosten für 510 qm für den neu angelegten Feldweg. Diese wurden pauschal von der Eisenbahn mit einem Betrag von 650 Mark abgelöst.

Obwohl für dieses Bauvorhaben kleinere Grundstücke angekauft werden mußten, wogegen Herr Müller Einspruch einlegte, gab es kaum Probleme bei dem Enteignungsverfahren. Auch die Schienenwegkreuzung bei Barrenstein sollte durch eine Unterführung in Kilometer 26,0 ersetzt werden. Zusätzlich zu dem Protokoll mußte noch ein Sonderentwurf erstellt werden, in dem die Frage der Entwässerung behandelt wurde. Am 7. November 1910 wandte sich der Regierungspräsident erneut an die KED Cöln, betreffs des zweigleisigen Ausbaues der Eisenbahnlinie. Bereits am 28. Januar 1911 bat die KED Cöln den Regierungspräsidenten um die nötigen Stellungnahmen da diese dem Minister für öffentliche Arbeiten termingerecht bis zum 10. Februar 1911 von der Eisenbahn vorgelegt werden mußten.

Bis zur Fertigstellung des zweiten Streckengleises (heutiges Gleis Köln - Grevenbroich) vergingen noch vier Jahre. Am 29. April 1915 wurde das neue Gleis mit einem Sonderzug von Köln nach Grevenbroich feierlich "abgenommen". Die Gemeinderäte wurden gebeten bei der Ankunft des Zuges auf den Unterwegsbahnhöfen anwesend zu sein. Die planmäßige Ankunft für die Station Oekoven war auf 4.28 Uhr (=16.28 Uhr) festgelegt. Am 29. Juni 1915 teilte daß Eisenbahnbetriebsamt 2 in Köln an das Bürgermeisteramt in Oekoven mit, das nun alle Arbeiten für das zweite Streckengleis ausgeführt seien.


Die Erweiterung des Bahnhofsgebäudes 1911 bis 1913

Wegen der gestiegenen Betriebsaufgaben wurde der Wohnraum der Beamten knapp und es kamen Klagen hierüber bis zum kgl. Eisenbahnbetriebsamt in Köln.

Daraufhin wurde die Erweiterung einer Beamtenwohnung im Bahnhofsgebäude von Oekoven beschlossen und die Erweiterungspläne am 19. August 1911 an die ortspolizeiliche Behörde in Oekoven eingereicht. Am 27. Februar 1912 fragt das kgl. Eisenbahnbetriebsamt beim Bürgermeisteramt in Oekoven an, ob die bisher bekannten Klagen über den knappen Wohnraum für Eisenbahnbedienstete zurecht bestehen. Das Schreiben wurde am 1. März 1912 von Widdeshoven aus bestätigend beantwortet. Am 6. Mai 1913 wurden Bauzeichnungen nachgereicht. Auch dagegen wurden keinerlei Einwände vom Amt in Widdeshoven erhoben und man zeigte sich mit den Plänen der Eisenbahn einverstanden. Dies geht aus dem Antwortschreiben vom 14. Mai 1912 hervor.

Wann die eigentlichen Bauarbeiten ausgeführt wurden, ließ sich nicht feststellen. Bei den Erweiterungsarbeiten wurde das mittlere Längsdach in einer Höhe durchgehend bis zum Querdach auf voller Länge angehoben. Man darf wohl ausgehen, daß der Umbau noch vor dem Kriegsausbruch im Jahre 1914 abgeschlossen war. Vergleiche hierzu auch die Übersichtszeichnungen des Bahnhofsgebäudes.

Der Bahnhof wird an das Stromnetz angeschlossen.

Im ersten Weltkrieg wurden bestimmte Versorgungsstoffe knapp, wozu auch das Petroleum zählte. Elektrisches Licht gab es noch nicht im Bahnhof. So wurden zu dieser Zeit neue Stromleitungen gebaut.

Am 24. Februar 1916 teilte das Kreis - Elektrizitats - Unternehmen (RWE) in Neuss an das Bürgermeisteramt in Widdeshoven mit, daß man beabsichtigt eine Niederspannungsleitung mit Anschluß des Bahnhofs Oekoven zu projektieren. Sie soll als eine Überlandleitung in sieben Meter Höhe ausgeführt werden. Auf diese Mitteilung antwortet man am 6. März 1916. Das Vorhaben wird begrüßt aber einen Stromanschluß in Form einer Überlandleitung ist wegen der Fuhrwerke unerwünscht. Man äußert den Wunsch das Stromkabel in einen Kanal unterirdisch zu verlegen. Um das elektrische Licht möglichst bald in Oekoven anschalten zu können, drängt man auf die schnelle Errichtung der Leitung. Als Gründe werden angegeben, daß die RWE vertraglich verpflichtet sei den Anschluß herzustellen und die Eisenbahn wegen der Petroleumknappheit ebenfalls die Fertigstellung begrüßen würde.

Die RWE antwortete, daß das gewünschte Erdkabel nicht ausführbar ist. Diese Kabel kommen selbst in Friedenszeiten achtmal teurer als ein Freikabel. Es wäre alleine wegen der Metallbeschlagnahme nicht zu realisieren.

So wurde der Bahnhof mittels einer Freileitung vom Ort aus entlang der Neurather Straße, an das Stromnetz angeschlossen. Leider ließ sich kein genaues Datum über die Fertigstellung ermitteln. Diese Freileitung ist noch heute, über 80 Jahre später, vorhanden.

Neben der Stromversorgung war der Bahnhof für dienstliche Zwecke mit einem Telegrafen ausgerüstet. Über die Installation dieser Einrichtung liegen keine Unterlagen vor, deshalb kann hier nicht die Jahreszahl der Inbetriebnahme genannt werden. Diese in dieser Zeit wohl einzige elektrische Kommunikationsmöglichkeit weit und breit stand auch offiziell der Bevölkerung zur Verfügung.


Die Regiezeit 1923 bis 1924 am Niederrhein

Durch den Friedensvertrag von Versailles (28. Juni 1919), war genau festgelegt, welche Wiedergutmachungen (Reparationen) Deutschland an Frankreich und Belgien für den Ersten Weltkrieg zu leisten hatte. Ende 1922 war die wirtschaftliche Lage in eine äußerst kritische Phase getreten, so daß die Lieferungen an die Siegermächte nicht eingehalten werden konnten. Daraufhin marschierten am 11. Januar 1923 französische und belgische Truppen in das Ruhrgebiet ein, um vor allem die Kohlelieferungen sicherzustellen. Man war entschlossen, auch unter militärischen Druck die Kohleförderung weiter aufrechtzuerhalten.

Die politische Lage spitzte sich zu, als im Raum Köln bis Stommeln, englische Truppen den Franzosen und Belgiern entgegenstanden. Sie weigerten sich im Ruhrgebiet militant vorzugehen, da sie darin eine Verletzung des Versailler Vertrages sahen. So blieb im Raum Köln die Eisenbahn unter eigener Verwaltung. Im französisch besetzten Ruhrgebiet aber streikten die Eisenbahner. Die Besatzer sahen sich gezwungen, den Betrieb unter eigener Verwaltung (Regie) zu übernehmen. Da nun die Engländer nicht bereit waren, daß die so eingetriebenen Reparationen durch ihr Gebiet abzutransportieren, kam es zwangsläufig zu Unterbrechungen einiger Eisenbahnlinien. Während der Abschnitt Köln - Stommeln der deutschen Verwaltung unterstand, unterlag der Streckenbereich Grevenbroich - Rommerskirchen französischer Aufsicht. Zwischen Rommerskirchen und Stommeln ruhte durch die Grenzziehung der gesamte Eisenbahnbetrieb. Alle Güter mußten somit umständlich auf Fuhrwerke umgeladen und auf der Straße weiterbefördert werden. Das war die einzige Transportmöglichkeit. Dieser Umstand verursachte aber enorme Kosten, die sich vor allem auf Lebensmittelpreise niederschlugen, so daß wieder einmal der "kleine Mann", der ohnehin schon leidgeprüft war, tiefer in die Tasche greifen mußte.

Die Bevölkerung forderte die Wiedereröffnung der Eisenbahnlinie zwischen dem englisch besetzten Stommeln und dem französischen Rommerskirchen. Die belgischen Behörden zeigten als erste Einsicht und erklärten sich im Grunde bereit alle Züge in Rommerskirchen zu übernehmen, da sie ebenfalls ein Interesse an der ausreichenden Ernährung der Bevölkerung hatten. Die Deutsche Reichsbahn (die Länderbahnen waren zum 1. April 1920 zusammengeschlossen worden) weigerte sich zunächst die Züge über Stommeln hinaus bis nach Rommerskirchen zu fahren. Am 25. Oktober 1923 wandte sich das Bürgermeisteramt in Wevelinghoven an den Oberregierungsrat von Stein in Düsseldorf mit der Bitte, bei diesen Mißständen einzugreifen und die "Regie" zu einem vernünftigen Entschluß zu bewegen. Auch die Kölner Eisenbahnverwaltung schrieb am 7. November 1923 an die gleiche Adresse, mit der Ankündigung, daß sie unter bestimmten Voraussetzungen bereit sei in das französisch besetzte Gebiet bis nach Rommerskirchen zu fahren. Dabei wurde zur Auflage gemacht, daß man nur mit einer besonderen Lokomotive nach Rommerskirchen fahren würde um dort Lebensmittelwagen zu überstellen. Für die Rückfahrt seien von den Besatzern die gleiche Anzahl Leerwagen bereitzustellen, damit die wenigen vorhandenen Waggons nicht verloren gingen. Voraussetzung dafür war aber, daß die Strecke von der "Regie" zunächst instandgesetzt würde.

Nach dem erhalten gebliebenem Schriftwechsel zu urteilen, kam es dann tatsächlich in allerkürzester Zeit zu einer ersten Einigung und Verbesserung. Schon am 11. November 1923 konnte der Bürgermeister von Wevelinghoven an den Düsseldorfer Regierungspräsidenten berichten, daß einige Güterzüge bis nach Grevenbroich durchgeführt werden konnten. Der Personenzugverkehr ruhe dagegen auch weiterhin, aber man erhoffe sich zum 10. Dezember 1923 eine Änderung, da die Deutsche Reichsbahn und die "Regie" bereit schienen den normalen Eisenbahnverkehr wieder aufnehmen zu wollen. Der Regierungspräsident wurde gebeten, diese Pläne unterstützend zu befürworten.

Bis schließlich auch der Personenverkehr wieder zwischen Stommeln und Rommerskirchen aufgenommen werden konnte, war ein weiteres Jahr vergangen. Noch am 31. Dezember 1923 dauerten die Verhandlungen zwischen der "Regie" und der britischen Zone an. Leider konnte bisher nicht ermittelt werden, wann genau wieder der Personenverkehr durchgehend aufgenommen werden konnte.

Annähernd ein Jahr später, am 15. November 1924, übergaben die französischen und belgischen Truppen die Eisenbahn der deutschen Verwaltung.


Die Grubenanschlußbahn

Bevor näher auf die Anschlußbahn eingegangen wird, soll dem Leser vorab ein kurzer geschichtlicher Abriß über die Braunkohlenförderung im Gebiet um Neurath gegeben werden. Diese Braunkohlevorkommen führten letztlich erst zum Bau dieser Bahnlinie.

Im Jahre 1861 wurde in Neurath zum ersten Mal Braunkohle gefördert. Mit nur 25 Arbeitern wurden acht Jahre lang bis zu 6.000 Tonnen im Jahr abgebaut. Dieses Unternehmen gehörte dem Eigentümer des Gutes Heinrich Clemens. Aber schon 1869 war der Absatz nicht mehr gewährleistet und so mußte der Betrieb eingestellt werden. Erst um 1905/06 wurden nördlicher Tiefbohrungen durchgeführt, um die Flöze zu ergründen. Die Ergebnisse waren günstig ausgefallen und man fand bis zu 20 Meter dicke Braunkohleflöze. Bevor man mit dem Abbau begann wurde die "Gewerkschaft Rheingold" in Gehren gegründet. Die Bezeichnung "Gewerkschaft" wird in diesem Zusammenhang nicht im Sinne einer Arbeitervertretung, sondern als eine bergbaurechtliche Gesellschaftsform, ähnlich einer Aktiengesellschaft benutzt. Sie erwarb schließlich auch die Rechte von Heinrich Clemens. 1909 ging die "Gewerkschaft Neurath" aus der "Gewerkschaft Rheingold" hervor. 1912 wurde die Kohlenförderung erweitert und die "Gewerkschaft Prinzessin Viktoria" gegründet. Diese Form blieb dann bis zum 1. Januar 1952 bestehen. Danach wurden die Werke, welche bis dahin aus vier Betrieben bestanden (Brikettfabrik "Neurath", "Prinzessin Viktoria", "Der glückliche Fall" und "Union") in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und firmierte unter "Braunkohlenbergwerk Neurath AG". Am 28. Dezember 1959 kam dann die Fusion zur "Rheinische Braunkohlenwerke AG".

Die Braunkohle wurde hauptsächlich zu Briketts ("Klütten"), später auch zu Braunkohlenstaub weiterverarbeitet. Die Brikettfabriken lagen am Rand der Gruben, und wurden über Kettenbahnen direkt mit dem Rohstoff Braunkohle versorgt. Fabrik Neurath wurde 1909 in Betrieb genommen. Zunächst waren sechs dampfgetriebene Einfachpressen vorhanden. In den Jahren 1910 und 1911 wurde der Betrieb um acht Pressen erweitert. Nach einem Umbau von 1953 bis 1955 betrug der Ausstoß 2000 Tonnen Briketts am Tag. Die Fabrik Prinzessin Viktoria (P.V.) ging 1912 in Betrieb; ausgestattet mit fünf Einfach- und zwölf Doppelpressen. 1927 wurden im Werk zusätzlich vier Zwillingspressen eingebaut, die einen elektrischen Antrieb besaßen. Im Jahr 1961 wird die Leistung von P.V. mit 2200 Tonnen/Tag angegeben. Die Bedeutung der Brikettherstellung ging nach 1945 immer weiter zurück, heute dient die Braunkohle in erster Linie der Stromerzeugung und anderen großtechnischen Feuerungsanlagen.


Nachdem nun im Jahre 1909 zum zweiten Mal der Abbau des "braunen Goldes" angelaufen war, blieb es nicht bei den bescheidenen Ergebnissen, wie in den 60iger Jahren des 19. Jahrhunderts. Neue Abbautechniken und die Eisenbahn konnten den Absatzmarkt erheblich erweitern. Als Übergabebahnhof für die Anschlußbahn wurde Oekoven gewählt. Er lag günstig und man konnte dort platzmäßig die nötigen Gleisanlagen erstellen. So dauerte es auch nicht lange, bis diese Anschlußbahn nach Neurath fertiggestellt war.

Am 25. Juni 1909 wurde der Betrieb auf der 6,25 Kilometer langen Bahnlinie aufgenommen, welche bei Kilometer 24,830 der Strecke Köln - Grevenbroich in den Bahnhof Oekoven einmündete. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit wurde auf nur 35 km/h festgelegt. Die Provinzialstraße, heutige B 59, durfte mit 15 km/h befahren werden. Die Züge von Neurath nach Oekoven durften bis zu 120 Achsen lang sein, sofern 30% der Achsen bediente Bremsen hatten. Größere Kunstbauten waren nicht erforderlich, wenn man von kleineren Dämmen absieht. Die Bahn lag bei Oekoven in einem Gefälle von 1 : 70 (auf 70 Meter Länge einen Höhenanstieg von einem Meter) Die Einfahrt in den Bahnhof wurde durch das Einfahrsignal C abgesichert, welches in Kilometer 0,825 stand. Die Erweiterung durch ein Vorsignal erfolgte dagegen erst 1947.

Bei einer Fahrt von Oekoven (70 Meter über NN) nach Neurath (93 Meter NN) mußten auf den ersten Streckenabschnitt 29 Meter Höhenunterschied überwunden werden um dann bis nach Neurath ein leichtes Gefälle von 5 Metern vorzufinden. Die beladenen Züge nach Oekoven wurden oft von einer zweiten Dampflok von Neurath aus dem Bahnhof hinausgeschoben, um so die Steigung besser bewältigten zu können. Auf dem größeren Steigungsabschnitt aus Richtung Oekoven benötigten die Züge keine Schiebelok, da die Güterwagen zur Brikettfabrik überwiegend unbeladen waren.

Über den Umfang des Anfangbetriebes kann leider nicht viel gesagt werden, da wohl alle Unterlagen im Laufe der Jahre vernichtet worden sind. Erste Angaben stammen aus dem Jahre 1922. Ein erhalten gebliebener vollständiger Fahrplan vom 22. Juni 1922 vermittelt einen recht guten Einblick über den Betriebsablauf. Hier zunächst der Fahrplan:

Vormittags: 4.55 ab Neurath - an Oekoven 5.15 Uhr (Zug für Grubenarbeiter) 5.30 ab Oekoven - an Neurath 5.50 Uhr (Zug für Grubenarbeiter) 6.00 ab Neurath - an Oekoven 6.30 Uhr (Zustellung von Wagen) 6.40 ab Oekoven - an Neurath 7.10 Uhr (Abholung von Wagen) 12.10 ab Neurath - an Oekoven 12.30 Uhr (Zug für Grubenarbeiter)

Nachmittags: 1.30 ab Oekoven - an Neurath 1.50 Uhr (Zug für Grubenarbeiter) 2.10 ab Neurath - an Oekoven 2.30 Uhr (Zug für Grubenarbeiter) 2.45 ab Oekoven - an Neurath 3.15 Uhr (Abholung von Wagen) 5.00 ab Neurath - an Oekoven 5.30 Uhr (Zustellung von Wagen) 8.10 ab Neurath - an Oekoven 8.30 Uhr (Zug für Grubenarbeiter) 9.20 ab Oekoven - an Neurath 9.40 Uhr (Zug für Grubenarbeiter) 10.10 ab Neurath - an Oekoven 10.30 Uhr (Zug für Grubenarbeiter) 10.40 ab Oekoven - an Neurath 11.00 Uhr (Zug für Grubenarbeiter)

Wenig bekannt ist wohl, daß es auf der Anschlußbahn auch reine Personenzüge gegeben hat. Da diese Züge nur für die Grubenarbeiter zugelassen waren, suchte man sie vergeblich in den amtlichen Kursbüchern. Es ist interessant zu wissen, daß es sogar auf der Strecke eine Haltestelle gab. Sie befand sich an der Kreuzung der Provinzialstraße nach Köln (heute B 59). Die in der Umgebung wohnenden Grubenarbeiter kamen bis hier entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad um dann den Zug nach Neurath zu benutzen. Für die heutige Zeit eine sicherlich nur schwer vorzustellende Situation.

Die Reichsbahn bediente den Übergabebahnhof zweimal täglich und das sogar an Wochenenden. Seit dem 1. Februar 1929 waren es täglich drei Anschlußbedienungen. Diese beiden zuvor erwähnten Bedienungsfahrten sind gut aus dem oben wiedergegebenen Fahrplan ersichtlich. Im Übergabebahnhof Oekoven war ständig ein Rangiermeister der Grube eingesetzt, um das Verkehrsaufkommen abzuwickeln.

Die Dienstzeiten dieses Angestellten sind von den Stichtagen 29. Februar 1922 und 24. Juni 1929 genau überliefert. So war dieser Posten werktäglich von 5 - 15 und 17 - 22 Uhr zu besetzen. In einem späteren Besetzungsplan wurde 5.15 Uhr als Anfangszeit genannt. An Samstagen war dieser Posten dagegen nicht besetzt. Eine erhalten gebliebene Dienstanweisung gibt Auskunft, wie der betriebliche Ablauf der Übergaben und Anschlußbedienung geregelt war. So gab es zum Beispiel am 24. Juni 1929 die folgenden Anschlußzüge: Nr. 1 - 7 dienten dem Personenverkehr, Nr. 21 - 30 dem Güterverkehr. Alle Zugfahrten wurden nach den geltenden Reichsbahnvorschriften abgewickelt. Die erforderlichen Anweisungen, wie Anbieten der Züge, Annehmen, Abmelden und schließlich Zurückmelden, erfolgten nach dem sogenannten Zugmeldeverfahren und wurden zentral vom Fahrdienstleiterstellwerk in Oekoven durchgeführt. Dieses Verfahren gewährleistete, in stetiger Verbindung mit dem Grubenbetrieb, einen reibungslosen Verkehrsablauf auf der eingleisigen Anschlußstrecke. Alle Angaben wurden in einem besonderen Zugmeldebuch geführt. Danach lief der Betrieb nach folgendem Schema ab: (siehe hierzu auch die Gleisbezeichnung im abgebildeten Gleisplan) Die Reichsbahn stellte den Zug, welcher für die Grube bestimmt war, auf Gleis 10 bereit. Dieses Gleis war das Zustellgleis für alle Wagen, die für die Grube bestimmt waren und gleichzeitig das Ausfahrgleis in Richtung Anschlußbahn. Die Gleise 11 und 12 waren die Einfahrgleise von der Grube sowie die Abholgleise für Züge Richtung Grevenbroich. Der östliche Teil des Gleises 11 diente gleichzeitig auch als Aufstellgleis für die Wagen in Richtung Köln. Das Gleis 13 diente als sogenanntes Verkehrsgleis für die Grubenloks (Umsetzgleis). War Gleis 13 besetzt, so durften das Reichsbahngleis 3 als Verkehrsgleis mitbenutzt werden. Während die Reichsbahn die Züge "bunt", also unsortiert der Grube überstellte, mußte die Zeche ihre Züge gegliedert nach den Wagengruppen Köln, Neuss und Rheydt bereitstellen.

Ein weiterer Fahrplan, vom 1. Dezember 1938, ist überliefert und soll dem Leser nicht vorenthalten werden.

Verkehrsrichtung Neurath nach Oekoven

BP7 G21 P1 P3 Gmp23 BGp35 G25 0.00 1.25 4.50 6.05 7.25 9.50 12.00 0.20 1.50 5.15 6.30 7.50 10.00 12.25

Gmp27 Gmp29 Gmp31 P5 G33 BLz37 14.40 16.35 18.25 20.15 22.15 22.40 15.05 17.00 18.50 20.40 22.40 23.00

Verkehrsrichtung Oekoven nach Neurath

BP8 G22 P2 P4 Gmp24 Gmp36 Gmp26 0.30 3.00 5.40 6.50 9.25 10.40 12.50 0.55 3.25 6.05 7.15 9.50 11.05 13.15

Gmp28 Gmp30 Gmp32 P6 G34 15.35 17.35 19.20 21.20 23.30 16.00 18.00 19.45 21.45 23.55

Im Gegensatz zum Fahrplan von 1922 fällt auf, daß sich die Zugfahrten bereits verdoppelt hatten. Wegen dieser erheblich dichteren Streckenbelegung mußten nun auch Güterzüge mit Personenverkehr (Gmp.) gefahren werden. Desweiteren war es erforderlich, einige Züge nachts zu befördern, so daß die früher bestehende Nachtruhe zwischen 23.00 und 5.00 Uhr nun nicht mehr bestand.

Einige Daten aus dem Jahre 1933 verdeutlichen, welchen Umfang der Verkehr bis dahin erreicht hatte. So verkehrten beispielsweise 26.015 Reichsbahnwagen und 3.083 werkseigene Wagen nach Neurath. Bei einer Sechstagewoche entsprach das ungefähr einer Tagesleistung von 95 Wagen. Die Anzahl der werkseigenen Wagen dürfte sich wohl hauptsächlich auf die Personenwagen und Kohlenstaubbehälterwagen bezogen haben.

Die Grubenanschlußbahn bediente neben dem Bahnhof der Brikettfabrik Neurath auch den Bahnhof der Grube Prinzessin Viktoria, welcher den Endpunkt der Strecke darstellte. Hier hatte eine Ziegelei ein Anschlußgleis. Zwischen den Bahnhöfen lag eine Sandverladeanlage sowie die Hauptwerkstätte der Grubenbahn.

Fast unbekannt ist die Tatsache, daß es an der Strecke noch einige weitere Anschlüsse gegeben hat, die ausschließlich der Landwirtschaft dienten. Wahrscheinlich wurden diese Anschlüsse in den 20iger Jahren errichtet; es ließ sich aber nicht mit absoluter Sicherheit ermitteln. In Oekoven hatten folgende Bauern einen Nebenanschluß an dem Privatgleisanschluß der Gewerkschaft: Gutspächter Fran Flenster in Nanderath, Hubert Krupp in Neuhöfchen, E. Stein in Kaulen. Ihr Gleis lag an der Ladestraße und hatte eine nutzbare Länge von 190 Metern. Der Vertrag hierfür wurde am 18. Mai 1926 in Köln unterzeichnet. Das erste Anschlußgleis auf der freien Strecke befand sich noch vor der Überquerung der Provinzialstraße nach Köln und lag somit direkt auf dem Feld, wie auch alle anderen. Dieses Gleis hatte eine Nutzlänge von 50 Metern. Es gehörte dem Gutsbesitzer Josef Müller in Sinsteden. Der Vertragsabschluß wurde am 20. Mai 1926 getätigt. Der nächste Feldanschluß gehörte den Gutsbesitzern Werner Meller und Jakob Hubert aus Sinsteden. Dieser Vertrag wurde nur drei Tage zuvor, am 17. Mai 1926, unterzeichnet. Ein weiterer Anschließer ließ sich vertraglich nachweisen. Die Vertragsschließung erfolgte am 19. Mai 1926 und nennt den Gutspächter Casper Flenster aus Ingenfeld als Betreiber. Dieses Gleis hatte eine Nutzlänge von 90 Metern. Die RBD Köln wurde am 9. September 1936 davon unterrichtet, daß dieser Anschluß an die Firma Hubert Röllgem aus Nanderath übergegangen sei und weiterbetrieben würde. Der Wechsel scheint aber kein Einzelfall gewesen zu sein, denn eine Lagezeichnung vom 16. Februar 1937 nennt teilweise noch andere Anschlußbezeichnungen. Alle Anschlüsse wurden von der Gewerkschaft unterhalten und von deren Grubenlokomotiven bedient. Die Kosten hierfür gingen zu Lasten des jeweiligen Betreibers.

Wegen des starken Gefälles der freien Strecke war das gleichzeitige Zustellen und Abholen von Wagen aus den Nebengleisanschlüssen, welche auch als Ladestelle bezeichnet wurden, verboten. Die Weichen waren durch einen Schlüssel verschlossen und die Anschlüsse durch eine Gleissperre gesichert.

Für die Mitbenutzung von Reichsbahnanlagen im Übergabebahnhof Oekoven wurden besondere Pauschvergütungen festgelegt. Die Pauschzahlungen beinhalteten folgende Leistungen der Staatsbahn: betriebsfähige Erhaltung von mechanischen und elektrischen Sicherungsanlagen, Mitbenutzung des Stellwerksgebäudes, Mietzins für Reichsbahngebäude, Bewachung und Bedienung der Gleisanlagen, Gleisunterhaltung sowie Beleuchtung der Signale und Weichen. Diese Beträge werden in den Unterlagen bis zum Bruchteil eines einzelnen Pfennigs aufgeschlüsselt und würde hier, bei einer Aufzählung, den gesetzten Rahmen sprengen. So sollen hier auch nur als Beispiel die Kosten für die Beleuchtung der Signale und Weichenlaternen genannt werden. Hierfür ermittelte die Reichsbahn als jährliche Zahlungsgrundlage 14.400 Stunden, die jährlich (22. Dezember 1938 mit 1.291,75 RM und 1. Januar 1945 mit 4.760,76 RM) vergütet werden mußten. Interessant ist vielleicht noch, daß durch die Kriegseinwirkungen der Eisenbahnbetrieb der Staatsbahn in der Zeit vom 1. Februar 1945 bis 1. Juli 1945 vollkommen ruhte. Demzufolge fand natürlich auch kein Anschlußbetrieb statt. Die Eisenbahnverwaltung stellte aber dennoch für diese Zeit die Kosten entsprechend dem Pauschvertrag der Gewerkschaft in Rechnung. Nach begründetem Einspruch mußte die Reichsbahn jedoch einsehen, daß diese Forderungen unhaltbar waren.

Nachdem die größten Kriegsschäden behoben waren, wurde der Betrieb allmählich wieder aufgenommen. Es war im nachhinein leider nicht mehr möglich, genaue Zahlen über den Umfang des Verkehrsaufkommens zu ermitteln.

So konnte nicht festgestellt werden wie lange der Personenverkehr zur Brikettfabrik Neurath bestand. In einer Dienstanweisung für den Privatgleisanschluß vom 1. Juni 1947 wurden noch Personenbeförderungen erwähnt. Es wird eine interessante Betriebssituation geschildert und darin heißt es wörtlich: Ist die Einfahrt in den Bahnhof Oekoven nicht möglich, so darf die Lokomotive mit zwei Personenwagen und der Zustimmung des Fahrdienstleiters langsam bis an die Aussteigerampe heranfahren.

Die größte Gefahrenstelle auf der Anschlußbahn war die Kreuzung der Provinzialstraße nach Köln. Hier hatten die Züge ihre Geschwindigkeit auf 15 km/h zu verringern. Das wurde durch ein Signal in Form eines auf der Spitze stehenden Dreiecks in weißer Farbe mit schwarzen Rand und der Geschwindigkeitszahl 15 angezeigt. Zusätzlich war eine LP-Tafel vorhanden, welche dem Lokführer anzeigte das Läutewerk anzustellen und die Pfeife zu betätigen. Unmittelbar vor dem Übergang der Straße, waren beidseitig noch Haltetafeln aufgestellt. An dieser Stelle hatten die Lokführer anzuhalten wenn Werktätige ein- oder aussteigen mußten. Hierfür war rechts und links der Straße ein Bahnsteig angelegt. Dem Straßenverkehr wurde der Bahnübergang durch ein Warnkreuz und den dazugehörenden drei Baken angezeigt. Eine Schranke hatte es hier nie gegeben und so war vor allem bei Nebel die Gefahr eines Zusammenstoßes groß. Somit verwundert es nicht, wenn die Forderungen für eine weitere Sicherung des Bahnüberganges laut wurden. 1955 wurde ein PKW von einen Zug erfaßt, wobei eine Frau ums Leben kam. Dies mag wohl der letzte ausschlaggebende Grund gewesen sein um eine Blinklichtanlage zu installieren. Diese neue Straßensicherung wurde am Freitag den 23. März 1956 um 12 Uhr in Betrieb genommen.

1957 konnte das letzte Teilstück der Nord - Süd - Bahn der Rheinbraun von Fortuna - Nord nach Frimmersdorf fertiggestellt werden, womit die "Kohlensammelschiene" bis nach Knapsack im Süden durchgehend befahrbar wurde. Diese Nord - Süd - Bahn unterquerte auch die Grubenanschlußbahn nach Neurath. Noch heute (1997) kann man diese Kreuzungsstelle gut erkennen, da hier eine sehr aufwendige Betonbrücke errichtet wurde. Das Bauwerk bot zwei Gleisen von der Anschlußbahn, sowie einem Feldweg Platz, da genau an dieser Stelle der Feldgleisanschluß der Firma Hubert Röllgem lag. Heute führt nur noch der Feldweg über diese Brücke und die Gleisfundamente liegen ihres Oberbaues beraubt ungenutzt, während unter der Überführung sehr dichter Zugbetrieb herrscht. Von der Nord - Süd - Bahn zweigt etwas südlich ein Anschlußgleis zum heutigen RWE-Kraftwerk ab. Dieser Abzweig nutzt auf dem letzten Abschnitt ungefähr 300 Meter die alten Trasse der ehemaligen Anschlußbahn nach Oekoven.

Welche Leistungen und Bedeutungen die Brikettfabriken noch im Jahre 1960 hatten, verdeutlichen einige nachfolgende Zahlen. So lag die Tagesproduktion der Brikettfabrik "Neurath" bei 2.000 Tonnen und im Werk "Prinzessin Viktoria" sogar bei 2.200 Tonnen. Die Jahresleistung beider Werke zusammen betrug im Jahr 1960 1.130.408 Tonnen Brikett und bot 631 Arbeitern und 39 Angestellten einen Arbeitsplatz.

In den 60iger Jahren gewann das Öl immer mehr an Vormachtstellung und so wurde der Betrieb allmählich eingestellt und abgebaut, was schließlich bis zur Stillegung der Brikettfabriken führte. Damit verlor auch die Strecke nach Oekoven ihre Bedeutung; sie wurde schließlich am 3. Februar 1968 stillgelegt.

Noch im gleichen Jahr wurde das RWE Braunkohlenkraftwerk Neurath projektiert, welches heute an der Stelle der ehemaligen Brikettfabrik steht. Der erste Spatenstich hierfür fand am 6. Oktober 1969 statt und bereits am 30. Juni 1972 konnte es ans Netz gehen.

Bis April 1973 wurde die 300 Megawatt Blöcke A, B und C in Betrieb genommen. 1975 und 1976 kamen die 600 Megawatt Blöcke D und E hinzu. Damit ist das 2100 MW starke und 1,4 Milliarden Mark teure Neurath in der Lage, drei Großstädte von der Größe wie z.B. Köln mit Strom zu versorgen.

Bis zum Juni 1970 wurden alle Gleise der Anschlußbahn, einschließlich des gesamten Übergabebahnhofs, abgebaut. Der Bahndamm zwischen den Feldern wurde ebenfalls entfernt (rekultiviert). Somit erinnert heute nichts mehr daran, daß dort einst Züge entlang fuhren. Lediglich aus der Vogelperspektive läßt sich noch anhand den verschiedenen Erdschichten der Verlauf des ehemaligen Bahndamms ausmachen.


Die Lokomotiven der Grubenanschlußbahn

Die ersten Werklokomotiven standen schon bei Eröffnung der Anschlußbahn nach Oekoven (26. Juni 1909) zur Verfügung. Sie wurden wahrscheinlich fabrikneu beschafft und nicht gebraucht von anderen Unternehmen übernommen. Die ersten vier Lokomotiven lieferte ausschließlich die Lokfabrik Humboldt in Köln - Kalk in den Jahren 1905 bis 1910. Sie besaßen drei gekuppelte Achsen. Leider liegen, trotz aller Bemühungen, die genauen Angaben über die ersten hier eingesetzten Maschinen nur bruchstückhaft vor.

Von den ersten eingesetzten Loks konnte Lok 2 im Jahr 1942 durch eine Neubeschaffung ersetzt werden. Diese neu beschaffte Lokomotive erhielt - als Zweitbesetzung - die alte Bezeichnung Nr. 2.

Durch Gleiserweiterungen des Bahnhofs Oekoven war es möglich geworden, nun wesentlich längere Züge aufzustellen und befördern zu können. Bei dem damit verbundenen erhöhten Zuggewichten waren die bisher eingesetzten C-Kuppler (drei Achsen) überfordert, so daß nun ein D-Kuppler (vier Achsen) beschafft werden mußte. Sie kam folgerichtig im Streckendienst zum Einsatz.

Da die ursprünglichen Loks 1, 2”, 3 und 4 noch nach dem zweiten Weltkrieg vorhanden waren, wurden die Neubeschaffungen im Jahr 1953 (Neubau), 1959 und um 1964 (gebraucht gekauft) mit den Nummern 5 und 6 sowie 1” belegt.

Als besonderes Merkmal aller Neurather Werklokomotiven ist das sehr gepflegte optische Aussehen zu nennen. Alle Maschinen besaßen einen Kobelschornstein. Er hatte die Aufgabe, den Funkenflug zu unterbinden, was gerade beim Einsatz in den Brikettfabriken von großer sicherheitstechnischer Wichtigkeit war. Des weiteren besaßen alle Loks ein Läutewerk. Die nach dem Kriege vorhandenen Maschinen wurden zusätzlich mit Rangierfunk ausgerüstet. Ab 1959 gehörten sechs Lokomotiven zum Bestand der Brikettfabrik Neurath und kamen in das Nummernsystem der Rheinbraun - Werke. Hierfür war die Nummernfolge 322 – 327 vorgesehen. Im Einzelnen handelt es sich um folgende normalspurige Dampflokomotiven, welche in der nachfolgenden Zusammenstellung mit ihren neuen und alten Bezeichnungen sowie den Herstellerdaten aufgeführt werden:

Neurath 1 (RBW 322) C-Kuppler (Humboldt 239/1905) Neurath 1" (RBW 319) D-Kuppler (F. Krupp 2154/1940) Neurath 2 ( keine ) C-Kuppler (Humboldt /190x) Neurath 2" (RBW 323) D-Kuppler (A. Jung 9838/1942) Neurath 3 (RBW 324) C-Kuppler (Humboldt 489/1908) Neurath 4 (RBW 325) C-Kuppler (Humboldt 676/1910) Neurath 5 (RBW 326) D-Kuppler (A. Jung 11970/1953) Neurath 6 (RBW 327) C-Kuppler (Hohenzollern 4268/1922)

Da zu den einzelnen Loks noch weitere Informationen vorliegen, sollen diese hier einzeln vorgestellt werden.

Neurath 1 Die erste Lok auf dieser Grubenanschlußbahn wurde 1905 von der Kölner Lokomotivfabrik Humboldt unter der Fabriknummer 239 gebaut. Es handelt sich um eine Maschine mit drei gekuppelten Achsen, welche mit Wasser- und Kohlevorräten 32 Tonnen auf die Schiene brachte . Es kann angenommen werden, daß sie mit den Loks 2 bis 4 nahezu baugleich war. 1959 bekam sie, durch die Fusionierung zu den Rheinbraun-Werken, ihre neue Loknummer 322. 1963 war sie noch in Neurath im Bestand bzw. als Betriebsreserve vorhanden. Die Lok wurde erst im Februar 1964 ausgemustert und noch im selben Jahr zerlegt.

Neurath 1" Diese Maschine wurde von der Firma Friedrich Krupp in Essen am 21.11.1940 an die "Rheinbrikett" Köln - Gewerkschaft Beisselsgrube Horrem I, Anschluß angeliefert. Die Lok bringt ein Dienstgewicht von 61 Tonnen auf die Schienen. 1951 fand unter Anderen die Zusammenlegung der Beisselsgrube zur RAG (Rheinische AG für Braunkohlen und Brikettfabrikation, Köln) statt. Zun Stichtag 1. 1. 1955 wird die Maschine noch mit dem Standort Beisselsgrube ausgezeichnet. In einer Geräteliste vom 1. 7. 1958 der RAG wird die Lok mit dem Standort "63" angegeben, was die Bezeichnung für die, seit 1952 ebenfalls zur RAG gehörenden, Grube Wachtberg bei Frechen ist. Die nächste bekannte Nennung stammt vom 25. 1. 1963 aus Fortuna - Nord. Aus einer Notiz für den TÜV, am 14. 1. 1965, geht hervor, das zu diesem Zeitpunkt die Lok bereits zur Brikettfabrik Neurath versetzt worden war. Um 1964 kam sie als letzte Lok nach Neurath. Werksintern bekam sie die Loknummer 1 (Zweitbesetzung), was nach der Ausmusterung der alten Lok 1 im Februar 1964 möglich wurde. Im RAG- und später auch im RBW - Nummernschema trug die Lok die Nummer 319. Sie blieb bis zur Stillegung (1968) in Neurath. Im Jahr 1969 konnte sie an den Eschweiler Bergwerksverein (EBV) verkauft werden und fand in der Zeche Emil Mayrisch in Siersdorf eine neue Heimat. Dort erhielt die Lok die Betriebsnummer 2, welche aber später in 3 geändert wurde. Hier stand sie ebenfalls bis zur Stillegung der Zeche im Jahr 1993 im harten Rangiereinsatz. Ihr Ende war aber damit noch nicht gekommen. Die Dampfbahnfreunde Kahlgrund erwarben die noch betriebsfähige Maschine im selben Jahr, um sie auf der Kahlgrundbahn im Spessart vor Museumszügen einzusetzen. Dieser Einsatz dauerte nicht lange und schon Anfang 1994 wurde die Lok von den Eisenbahnfreunden Kraichgau / Elsenztalbahn GmbH in Sinsheim übernommen. Hier versucht der Verein mit dieser Lok einen Museumsbetrieb auf der Strecke Sinsheim - Eppingen einzurichten.

Die Lok trägt noch heute ihren Kobelschornstein, was in den letzten Jahren bei deutschen Regelspurdampfloks einmalig war.

Neurath 2 Es liegen von dieser Maschine keine genaueren Herstellerdaten vor. Es handelt sich aber um einen C-Kuppler vom Hersteller Humboldt in Köln. Sie wurde seit der Eröffnung der Bahnanlage bis vermutlich 1942 in Neurath eingesetzt und anschließend durch eine stärkere Maschine ersetzt.

Neurath " Diese Maschine wurde direkt ab dem Herstellerwerk, Arnold Jung aus Jungenthal bei Kirchen an der Sieg, 1942 nach Neurath angeliefert. Ihre Leistungsfähigkeit kam, infolge des kriegsbedingten gestiegenen Verkehrsaufkommen gerade recht. Die Leistung war bis zur Werkseinstellung 1968 ausreichend. Danach fand sich jedoch kein Interessent mehr. Ihre technischen Daten sind überliefert. So wog die Lok ohne Vorräte 59 Tonnen und mit vollen Vorräten an Kohle und Wasser 74,5 Tonnen. Der Kesseldruck war auf 14 kg/cm² festgelegt und die Höchstgeschwindigkeit wurde mit 40 km/ h angegeben. In späteren Jahren erhielt sie einen etwas größeren und höheren Kobelschornstein. Die Lok wurde nach der Ausmusterung 1969 bei der Firma Wertschrott in Essen zerlegt.

Neurath 3 Auch von dieser Maschine liegen kaum Angaben vor. So ist zum Beispiel nicht geklärt, ob sie schon seit 1905 hier im Dienst stand und demzufolge auch beim Aufbau der Strecke mitgeholfen hatte. In Neurath stand die 40 Tonnen schwere Lokomotive bis zum 19. 12. 1964 unter Dampf. An diesen Tag wurde sie nach Weißweiler zur Brikettfabrik Zukunft überführt, um dort noch ihre letzten Jahre, bis zur endgültigen Abstellung zu fristen. Das Jahr der Zerlegung wird mit 1966 angegeben.

Neurath 4 Von dieser Lok kann nicht gesagt werden ob sie schon 1910 hierher angeliefert wurde. Sie gehörte zum Bautyp C110 und stand bis zur Stillegung 1968 im Einsatz. Im Anschluß daran wurde sie noch zur Brikettfabrik Zukunft nach Weißweiler umbeheimatet, wo sie bis 1972 ihren Dienst versah. Danach gelangte sie zur Firma Albert Hoffmann - Schrottzerkleinerung nach Eschweiler - Aue. Hier stand sie 11 Jahre auf dem Schrottplatz abgestellt. Da sich kein Käufer fand, wurde sie 1983 verschrottet.


Neurath 5 Sie war die modernste und gleichzeitig auch die einzige nach dem Krieg neu beschaffte Dampflok des Werkes. Fabrikneu gelangte sie 1953 nach Neurath. Obwohl sie nach der Umnummerung in das RBW - System die Nummer 326 zugeteilt bekam, trug sie zeitweise die falsche Nummer RBW 336. Das belegen eindeutig Fotos. Ihr war aber kein allzulanges Lokomotivdasein beschieden. Spätestens zu ihrem 15. Lebensjahr wurde sie abgestellt. Der Strukturwandel hatte sie schnell überflüssig werden lassen. Sie gelangte wie ihre Schwesterlok 2" 1969 zur Firma Wertschrott nach Essen zur Zerlegung.

Neurath 6 Von dieser Maschine liegen verhältnismäßig vollständige Angaben vor. Sie wurde fabrikneu, zusammen mit Schwestermaschinen des Bautyps "Leverkusen", an die BASF Werke in Ludwigshafen angeliefert. Dort trug sie die Loknummer 60. Am 5. Oktober 1959 kaufte die Brikettfabrik, noch zwei Monate vor der Fusion zu den Rheinbraun-Werken, die Lok und reihte sie als Lok 6 ein. In diesen Tagen fand auch die Abnahmeprüfung des Kesselprüfers statt, wobei die Sicherheitseinrichtungen des Kessels mit 13 kg/cm² geprüft und die Lok einer Lastprobefahrt auf den Werksgleisen unterzogen wurde. Ihre zulässige Höchstgeschwindigkeit betrug 40 km/h. Sie blieb bis zur Einstellung des Neurather Streckennetzes und wurde am 8 .September 1969 zur Brikettfabrik Zukunft nach Weisweiler versetzt. Dort war sie bis 1971 im Einsatz. Am 12. April 1973 trat sie dann ihre größte Reise an und gelangte nach Schlieren bei Zürich in die Schweiz. Dort wurde sie als Denkmal aufgestellt. 1981 kaufte ein Eisenbahnfreund die Lok und ließ sie wieder betriebsbereit herrichten. Seitdem steht sie für Museumsfahrten, auf der Schweizerische Südostbahn (SOB), zur Verfügung.


Der Bahnhofsumbau in Oekoven von 1939 bis 1943

Der Privatgleisanschluß der "Gewerkschaft des Braunkohlenbergwerkes Neurath", so die offizielle Bezeichnung, wurde recht stark befahren. Das belegen schon ältere Fahrpläne. Recht bald war die vorhandene Gleisanlagen im Übergabebahnhof Oekoven nicht mehr ausreichend. So war es im Interesse der Brikettfabrik Neurath, die Gleisanlagen in Oekoven erheblich zu erweitern.

Die ersten Erweiterungsbemühungen gehen auf das Jahr 1932 zurück und fallen mit der kommunalen Neuordnung von 1929 zusammen. Die Gewerkschaft fragte nämlich am 4. Mai 1932 bei der Reichsbahndirektion in Köln an, ob es ratsam sei, Grundstücke in Oekoven aufzukaufen, die durch die Zusammenlegung der Gemeinden neu geordnet würden. Dieses sei aber nur dann von Interesse, wenn eine Erweiterung des Übergabebahnhofs möglich wäre. Das Schreiben wurde bereits am 15. Juni 1932 von der Deutschen Reichsbahn positiv beantwortet.

In den folgenden Jahren ruhten die Aktivitäten bezüglich des Bahnhofsumbaues aber erst einmal. Erst im Juni 1938 lief die Korrespondenz zwischen der Gewerkschaft und der Reichsbahn wieder an. Zunächst sollte ein Kostenvoranschlag erstellt werden, in dem die erforderlichen Arbeiten aufgelistet waren. Dabei wurde seitens der Staatsbahn immer streng darauf geachtet, wie hoch die jeweiligen Anteile der Gewerkschaft (Antragsteller) und der DRB waren. So muß zum Beispiel der Antragsteller die Kosten für seine Anschlußgleise zu 100% selber tragen. Hinzu kam, die Kosten der Erweiterungsarbeiten für die Staatsbahn, welche infolge der Anschlußerweiterung erforderlich wurden, zu 50% von der Gewerkschaft zu übernehmen waren.

Noch 1938 wurde ein Kostenvoranschlag von Seiten der RBD Köln vorgelegt, welcher in den wichtigsten Punkten wie folgt aussah:

1) Kosten für die Gewerkschaft

Anschlußerweiterung Bahnhofserweiterung Grunderwerb 900,00 RM Oberbau-, Signale 26.044,00 RM Bahnkörper 12.400,00 RM Fernmeldeanlagen 2.000,00 RM Wegeübergänge 1.500,00 RM Bahnhof 100,00 RM Oberbau-, Signale 8.812,80 RM Frachten 5.248,50 RM Bahnhöfe 1.000,00 RM Frachten 1.960,20 RM

2) Kosten für die Gewerkschaft und der Staatsbahn

Gewerkschaft Staatsbahn Bodenmassen lösen, Graben 7.500 m³ 6.200 m³ Mutterboden abtragen 250 m³ 20.000 RM 285 m³ 17.000 RM Böschung bekleiden 1.650 m³ 1.900 m³ Grobsplitt Körnung II 1.125 m³ 4.725 RM ? m³ ? RM altes Gleis Form 6 und 8 750 m 17.250 RM 905 m ? RM Lava Grobsplitt Körnung II von Erbach/WW 1.600 to 4.500 RM 1.120 to ? RM

Als weitere Punkte wurden darin auch noch der Ein- und Ausbau von drei Weichen und einer Doppelkreuzungsweiche (9.933 RM) der Erwerb eines 10 Ar großen Grundstücks (1.100 RM) sowie die Anlage von Signal (11.000 RM) und Sicherungsanlagen (21.500 RM) genannt. Diese Arbeiten wurden auf insgesamt 95.510 RM veranschlagt, wobei auf die Gewerkschaft 49.600 RM und auf die Reichsbahn 45.910 RM entfielen. Die Staatsbahnkosten verteilten sich folgendermaßen:

Bahnkörper 17.000 RM Oberbau-, Sicherungsanlagen 21.500 RM Fernmeldeanlagen 2.500 RM Bahnhof 1.300 RM Verwaltung und Frachten 3.610 RM Gesamtkosten: 45.910 RM

3) Kosten für die Staatsbahn

Hier wurden die Kosten aufgeführt, welche die Staatsbahn alleine zu tragen hatte. Als Hauptfaktor wurden die beiden neu zu erstellenden Stellwerke genannt, die wie folgt zu Buche schlugen:

Rohbau Blockwerk Signale

Stellwerk Ko 94.000 RM 7.000 RM 14.000 RM Stellwerk Ow 57.200 RM 8.000 RM 12.000 RM

Eigenartig erscheint die Summenverteilung beim Blockwerk (technische Einrichtung im Stellwerk). Obwohl die Anlage im Fahrdienstleiterstellwerk "Ko" umfangreicher war, wurden die Kosten für das Blockwerk im Weichenwärterstellwerk "Ow" höher beziffert. Diese Kosten hatte die Reichsbahn alleine zu tragen.

Nach dem vorgenannten Schlüssel wurden die einzelnen Posten zwischen den beiden Vertragspartnern sehr genau auseinanderdividiert. Dem relativ hohen Eigenkostensatz zufolge brachte die Zeche auch ganz klar zum Ausdruck, daß man, sofern es möglich sei, sämtliche Arbeiten für ihren Bereich selber ausführen wolle. Dadurch waren die Arbeiten mit eigenem Personal und Eisenbahnfahrzeugen ohne Zuhilfenahme der DRB auszuführen. Diese Entscheidung wurde aus Kostengründen auch sehr schnell getroffen.

Nachdem nun zwischen der Gewerkschaft und der Reichsbahn die genauen Kosten und der Verlauf der Arbeitsanteile abgestimmt worden waren, legte die DRB einen überarbeiteten Kostenvoranschlag vor, welcher vom 3. Mai 1939 datierte. Hiernach verteilten sich die Gemeinschaftskosten wie folgt:

Grunderwerb 7.000 RM Bahnkörper und Nebenanlagen 67.400 RM Oberbau und Sicherungsanlagen 353.400 RM Fernmeldeanlagen 11.800 RM Bahnhöfe und Haltepunkte 77.750 RM außergewöhnliche Anlagen 12.000 RM "Insgemeinkosten" 10.000 RM Verwaltung und Frachten 5.650 RM Gesamtkosten: 545.000 RM

An dieser Stelle soll wegen der Fülle der einzelnen Summen, noch etwas näher auf einen Sonderkostenvoranschlag vom 22. März 1939 eingegangen werden. In diesem Kostenvoranschlag fanden die beiden neue Stellwerke Berücksichtigung; sie verursachten die größten Investitionen bei dem Bahnhofsumbau. Da auf das Fahrdienstleiterstellwerk noch gesondert eingegangen wird, ist hier zunächst nur die Summe für das Weichenwärterstellwerk Ow aufgelistet:

425 m³ umbauter Raum (Rohbau) 57.200 RM Blockwerk 8.000 RM Signale 12.000 RM Arbeitsgerät 200 RM Unterhaltung 1.800 RM

Die Kosten für den Rohbau des Stellwerks Ow fielen im Gegensatz zum Stellwerk Ko wesentlich höher aus, da dort zuvor umfangreiche Erdbewegungen wegen eines Böschungeinschnittes erforderlich waren, welche die Baukosten verteuerten.

Das bisherige Weichenwärterstellwerk "Owt" (Oekoven Westturm), welches zusammen mit der Grubenanschlußbahn im Jahre 1909 in Dienst gestellt wurde, mußte der Gleiserweiterung weichen und kam zum Abriß.

Am 3. Juli 1939 liefen die Umbauarbeiten an. Man kam jedoch nur langsam voran, da es vor allem am nötigen Material sowie am erforderlichen Laderaum (Güterwagen) mangelte. Die ersten Planarbeiten von Seiten der Reichsbahn, welche wohl Erdbewegungen im westlichen Teil des Bahnhofs gewesen sein dürften, konnten am 30. Dezember 1939 beendet werden. Infolge des strengen Winters kamen die Bauarbeiten dann ins Stocken. Außerdem war die Zechengesellschaft mit ihrem Bausoll soweit in Verzug geraten, daß mit einem Weiterbau erst im Frühjahr 1940 gerechnet werden konnte. Nach einem zuvor aufgestellten Arbeitszeitplan, sollten diese Arbeiten aber bereits am 30. Juni 1940 abgeschlossen worden sein. Dieser Termin konnte nicht eingehalten werden. Auch nach über einem Jahr Verspätung, am 2. Juli 1941, hieß es in einem erhalten gebliebenen Schriftwechsel nur einfach: "Fertigstellung der Anschlußänderung bleibt abzuwarten." Aufgrund der Kriegsereignisse verzögerten sich die Bauarbeiten immer weiter, so daß schließlich überhaupt kein genauer Fertigstellungstermin mehr abzusehen war. Erschwerend kam hinzu, daß durch den harten Winter 1939/40 eine bereits fertiggestellte Einschnittsböschung zerstört wurde. Sie mußte anschließend -in abgeflachter Form- neu hergestellt werden.

Am 12. Dezember 1941 waren die Arbeiten soweit vorangeschritten, daß der Weichenbereich im Ostende des Bahnhofs beendet werden konnte. Die technische Einrichtung der Signalanlage, war zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht ganz fertiggestellt.

Aufgrund der vorgenannten Umstände und Ereignisse mußten sich die veranschlagten Kosten zwangsläufig erhöhen; besonders der Böschungsneubau verschlang nicht unwesentliche Mehrkosten. Desweiteren stellte sich erst bei den laufenden Erdarbeiten heraus, daß es sich um wasserhaltigen Lehmboden handelte. Aus diesem Grund mußten tiefere Ausschachtungen vorgenommen werden, als ursprünglich geplant. Das wiederum zog einen erhöhten Materialbedarf nach sich, da der Unterbau mit Asche aufgefüllt werden mußte. Als weiteren Grund für die Erhöhung der Gesamtkosten ist die Installation einer umfangreichen Beleuchtungsanlage zu nennen.

Die Reichsbahn mußte sich diese Mehrkosten vom Verkehrsministerium in Berlin genehmigen lassen, die sich nun auf insgesamt 770.000 RM beliefen. Interessant zu erwähnen ist, daß diese Genehmigung nicht bereits beantragt wurde, als schon abzusehen war, daß man mit dem bisherigen Mitteln nicht auskam, sondern erst zu dem Zeitpunkt, als das Kind sozusagen in den Brunnen gefallen war. Die Arbeiten standen aber schon kurz vor der Vollendung und so wurden völlig unproblematisch, am 29. April 1942, die erforderlichen Mittel freigegeben. Sicherlich hatten die Herren in Berlin zu dieser Zeit ganz andere Probleme, so daß man sich nicht weiter mit den Umbaukosten eines kleinen Provinzbahnhofs beschäftigten konnte.

Am 21. Mai 1942 teilte die Reichsbahn der Gewerkschaft mit, daß wegen unvorhersehbarer Schwierigkeiten und Zeitverzögerungen die Kosten um 50% höher als geplant ausfallen. Es kann schon als Selbstverständlich¬keit bezeichnet werden, daß der Grubenbetrieb dagegen am 5. Juni 1942 Einspruch erhob. Aber alleine schon die Tatsache, daß kein weiterer Schriftwechsel in diesem Zusammenhang mehr erfolgte, legt die Vermutung nahe, daß die Sache schließlich im Sande verlaufen ist.

Am 11. Januar 1943 wurde dann der Umbau des Rangierbahnhofs Oekoven beendet. Welche Ausmaße der Umbau der Gleisanlagen zur Folge hatte, soll die nachfolgende Gegenüberstellung verdeutlichen:

vorher nachher

Gleislänge 4.538 m 6.309 m Weichen 19 34

In die gleiche Zeit fiel auch der Umbau des Bahnhofsgebäudes. Es hatte aber schon einmal zu früheren Zeiten eine Erweiterung gegeben, die kurz vor dem ersten Weltkrieg stattfand. In den Umbau einbezogen, waren so gut wie alle Räumlichkeiten; Empfangsräume, Schuppen und Wartehalle. Die Erweiterung betrug insgesamt 630 m³. Abgesehen von kleineren Restarbeiten waren diese am 1. Mai 1940 beendet und erforderten einen Aufwand in Höhe von 13.860 RM. Der Umbau des Empfangsgebäudes wurde mit 5.853 RM beziffert; die Anstricharbeiten, Kläranlage, Luftschutzeinrichtung und die elektrische Lichtanlage kosteten dagegen 7.400 RM. Für die Bahnhofsarbeiter wurde ein Aufenthaltsraum, mit 240m³ umbautem Raum für 6.160 RM, geschaffen.

In seiner 84jährigen Eisenbahngeschichte hatte Oekoven nun nach Abschluß der umfangreichen Arbeiten die größte Ausdehnung seiner Bahnhofsanlagen erreicht.


Erstellung des neuen Fahrdienstleiterstellwerkes

Vom Fahrdienstleiterstellwerk wurden alle verantwortlichen Entscheidungen über den örtlichen Betriebsablauf (Zug- und Rangierfahrten) zentral abgewickelt. Dem Weichenwärterstellwerk, in seiner direkten Abhängigkeit, kamen nur untergeordnete Aufgaben zu. Außerdem bedurfte jede noch so geringe Verkehrsbewegung, die von dort geleitete wurde, der ausdrücklichen Erlaubnis des Fahrdienstleiters.

Das erste Stellwerk zur Betätigung der Signalanlagen wurde in Oekoven wohl bei der Streckeneröffnung, am 1. Oktober 1898, dem Betrieb übergeben. Dieses Stellwerk bestand aus einer einfachen Wellblechbude, von 4 Meter Länge und stand auf dem Bahnsteig vor dem Empfangsgebäude. Von hier wurden auch die beiden Schranken der Bahnübergänge nach Oekoven bedient. Infolge des zweigleisigen Streckenausbaues sowie des Baues von Unterführungen änderte sich die technische Signaleinrichtung. Die bisherige Wellblechbude reichte nicht mehr aus, und wurde 1913 durch ein gemauertes Stellwerk an der gleichen Stelle ersetzt. Der Stellwerksbau, welcher heute noch fast vollständig erhalten ist, erhielt die Bezeichnung "Oob" (Oekoven Ost Bahnhof). 1927 wurde die neue Bezeichnung "Ko" (vermutlich Kohlenbahn Ost) eingeführt. Die Signaleinrichtung stammte von der Firma Jüdel.

In den dreißiger Jahren drängte die Gewerkschaft des Braunkohlenbergwerks Neurath darauf, die bestehenden Anschlußgleise in Oekoven weiter auszubauen. Für die DRB hieß das vor allem, zwei neue Stellwerke zu errichten, die den steigenden Anforderungen gerecht würden. So wurde schließlich das heute vom Feld- und Werksbahn Museum e.V. (FWM) genutzte Stellwerk projektiert. Einem Kostenvoranschlag vom 22. März 1939 zufolge wurden von der DRB dafür folgende Kosten festgesetzt:

1.300 m³ umbauter Raum mit Anbau (Rohbau) 46.800 RM Blockwerk 7.000 RM Signale 14.000 RM Arbeitsgerät 200 RM Unterhaltung 1.700 RM

Die Gesamtkosten waren auf insgesamt 116.900 RM veranschlagt worden.

Schon bei der Projektierung des Stellwerkes wurde das Bauvorhaben, im September 1938, von einem Luftschutzdezernenten der RBD Köln, nach den Richtlinien für den Eisenbahnluftschutz geprüft. Da das Stellwerk im sogenannten "1000 jährigen Reich" erbaut worden war, zeigte die Aus¬rüstung mit "Schutzraum für Rangierer" wie die Zukunft aussehen würde. Dieser Bunker ist auch heute noch vorhanden. Für das Bedienungspersonal des Stellwerks war der rückwärtige Abortraum ebenfalls als Schutzraum mit einer Panzertür ausgeführt worden.

Die Baugenehmigung für das neue Stellwerk "Ko", wurde vom zuständigen Dezernat der RBD Köln, am 27. Dezember 1939 erteilt. Die nötigen Änderungen der Gleisanlagen am Ostende des Bahnhofs, also im Stellwerksbereich, wurden am 12. Dezember 1941 fertiggestellt. Zu diesem Zeitpunkt war der Rohbau bereits fertiggestellt und auch der Einbau der Sicherungsanlagen stand kurz vor dem Abschluß. Wann genau das Stellwerk in Betrieb genommen wurde -vermutlich 1942- konnte leider nicht mehr genau ermittelt werden.

Das Stellwerk erhielt anfangs die gleiche Bezeichnung wie das Vorgängerstellwerk, nämlich "Ko" Diese Bezeichnung behielt bis zum 12. Dezember 1955 ihre Gültigkeit. Erst danach erhielt es die bis zur Betriebseinstellung gültige Bezeichnung "Oof". Diese großen Buchstaben sind auch heute noch an der nordwestlichen Außenwand vorhanden.

Im Laufe der Betriebszeit blieben einige Umbauten an den Sicherungseinrichtungen nicht aus. Aus einem Vertrag mit der Eisenbahndirektion Köln vom 3. März 1947 geht hervor, daß beispielsweise das Einfahrsignal "C" auf der Grubenanschlußbahn durch ein Vorsignal ergänzt worden ist. Da dieser Streckenabschnitt auf einer Länge von 624 Metern im Gefälle von 1 : 70 lag, war diese Maßnahme, aus Sicherheitsgründen beim Einleiten der Bremsung, längst überfällig. Des weiteren wurden alle Ausfahrgleise mit Hs - Signalen (H = Haupt, S = Sperr) ausgerüstet. Im gebräuchlichen Eisenbahnerjargon werden diese Signale auch als "Klappscheibe" bezeichnet.

In den 50iger Jahren waren schließlich folgende Sicherungsanlagen an das Stellwerk angebunden:

7 Hauptsignale 2 Vorsignale 6 Hs - Signale 12 Weichen 2 Doppelkreuzungsweichen (DKW)


Der stückweise Rückbau des Bahnhofs bis zur Auflösung

Am 14. Oktober 1959 und erneut am 25. September 1964 fanden Weichenumbauten statt, die zuletzt mindestens den Ausbau einer der beiden DKW zur Folge hatte. Im darauffolgendem Jahr, am 29. Dezember 1965 wurde die Sicherheitseinrichtung so umgebaut, daß der Bahnhof betrieblich durchgeschaltet werden konnte, daß heißt das Stellwerk war eigentlich funktionslos. So konnten die Hauptsignale auf der Hauptbahn ständig Hp 1 (Fahrt) anzeigen. Die Signale fielen also nicht, wie dies in der Regel der Fall ist, nach einer Zugfahrt auf Hp 0 (Halt). Solche Signale eines durchgeschalteten Bahnhofs fallen als Blocksignale aus. Dadurch vergrößerte sich der Blockabstand vom Erftwerk bis Rommerskirchen. Ein Rangieren war in Folge dieser Maßnahme in Oekoven natürlich nicht mehr möglich. Dadurch konnte Personal eingespart werden, da Zugfahrten ohne Stellwerkspersonal stattfinden konnten.

Mit der Einstellung der Grubenanschlußbahn am 3. Februar 1968 sowie dem Rückbau der zecheneigenen Anlagen war auch gleichzeitig das Ende für den Bahnhof Oekoven gekommen. Auch die im Jahr 1968 vollzogene Elektrifizierung der Strecke Mönchengladbach - Köln, welche zum Sommerfahrplan am 26. Mai 1968 abgeschlossen war, änderte nichts mehr an dieser Tatsache. Zwar wurden die Hauptgleise der Deutschen Bundesbahn (DB) im Bahnhof Oekoven mit einer Oberleitung überspannt, welches aber fortan nur noch eine überregionale Bedeutung hatte. An dieser Stelle sei erwähnt, daß hiermit auch gleichzeitig der planmäßig mit Dampfloks bespannte Personen- und Güterverkehr sein Ende fand. Am 25. Mai 1968 zog die in Mönchengladbach beheimateten Schnellzugdampflok 03 077 den letzten Dampfzug über diese Strecke. Danach fuhr nur noch planmäßig eine Güterzugübergabe von Neuss nach Rommerskirchen, die von einer Güterzugdampflok der Baureihe 50 erbracht wurde. Diese Leistung wurde dann 1971 eingestellt. Moderne Elektro- und Diesellokomotiven bewältigen seitdem den gesamten Verkehr auf der Strecke.

Am 23. Juni 1970 wurden alle Anschlußgleise und Weichenverbindungen abgebaut (Gleise 5 bis 8). Dieses Areal ist das Gelände, welches sich heute im Eigentum des Feld- und Werksbahn Museum e.V. (FWM) befindet und museal genutzt wird.

Die Stellwerke wurden seitdem nur noch tagsüber stundenweise besetzt, um den Gleisanschluß des Schrotthändlers Kahlen bedienen zu können. Bis zuletzt wurde diese Aufgabe von der Lokbaureihe 260 der Heimatdienststelle Köln - Nippes durchgeführt. Auch kam es immer wieder vor, daß überzählige Güterwagen in langen Reihen vorübergehend in Oekoven abgestellt wurden. Hierüber hatte die Zugleitung Köln - Nord zu entscheiden.

Ein weiterer Rückbau fand am 30. August 1975 statt. Diesmal wurde das Ladegleis vor der Firma Biegler und Wingerath (Klimatechnik) abgebaut. Dieser Betrieb ist nach der Aufgabe des Bahnhofsgebäudes durch die DB dort eingezogen und noch heute (1997) hier ansässig.

Der totale Abbau der Gleisanlagen war aber schon beschlossene Sache. So wurden im Jahre 1982 in einer einzigen Nacht die verbliebenen Abstellgleise abgerissen sowie das Stellwerk außer Dienst gestellt. In dieser Nacht waren etwa 300 Arbeiter im Einsatz. Übrig blieben lediglich die beiden Streckengleise von und nach Köln. Gleichzeitig wurden die Selbstblockstellen (Sbk 3 und 4), wie Oekoven heute bei der DB heißt, dem Betrieb übergeben. So ging das Fahrdienstleiterstellwerk nach nur 40 Jahren Dienstzeit außer Betrieb. Wenn das FWM nicht den Pachtvertrag mit der DB abgeschlossen hätte, wäre "Oof" schon längst dem Erdboden gleichgemacht worden, so wie es mit dem Wärterstellwerk "Ow" zuvor bereits geschehen war. Durch die Nutzung des Museumsvereines bleibt dieses Bauwerk jedoch der Nachwelt erhalten. Neben diesem Stellwerk erinnert danach nur die überdimensionierte Oberleitungsanlage, an die ehemalige Größe dieses Bahnhofs.

Aber das sollte nicht so bleiben. 1992 wurden neue Fundamente für kleinere Oberleitungsmasten aus Beton gegossen, um die bisherigen größeren Masten mit Quertragwerken ersetzen zu können. 1993 konnte sukzessive die Oberleitung, an den kleinen Masten befestigt werden. Die alten Masten wurden verschrottet um so die künftigen Unterhaltungskosten der Oberleitung zu senken. Nur einige vom Unkraut überwucherte Betonfundamente der Alten Anlage blieben zurück.

Drei Monate vor der Privatisierung der Deutschen Bundesbahn zur Deutschen Bahn AG (01. 01.1994) wurde das ehemalige Bahnhofsgebäude in Oekoven zum Verkauf ausgeschrieben. Im Amtsblatt Nr. 36 der Bundesbahndirektion Köln vom 10. September 1993 wurde unter Nr. 251 folgender Text veröffentlicht:

Geschäftsbereich des Präsidenten Veräußerung des ehemaligen Empfangsgebäudes in Oekoven (Stadt Rommerskirchen). Die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt, in Oekoven (Stadt Rommerskirchen) das ehem. Empfangsgebäude (mit 1 Lagerhalle) und ca. 3.600 qm Umland gegen Höchstgebot zu veräußern. Kaufpreisvorstellung,: 185.000 DM. Angebote richten sie bitte bis spätestens 15. 10. 1993 an die BD Köln (Pr. 4202 Le Oekoven 2).

Das Empfangsgebäude konnte vom bisherigen Bewohner, Familie Biegler, erworben werden.

Am 1. Februar 1994 wurde das ehemalige Stellwerk Oof von der Unteren Denkmalsbehörde auf die Liste der denkmalgeschützten Gebäude gesetzt. Der Denkmalschutz wird damit begründet ein typisches Bauwerk aus der Zeit um 1940 aus dieser Region zu erhalten. Sicherlich spielt auch der geschichtliche Aspekt eine Rolle. Dokumentiert das Stellwerk doch die vergangene Bedeutung der Eisenbahn und erinnert daran, daß hier einmal ein Rangierbahnhof gewesen ist.


Der Personenverkehr

Wollte man früher von Oekoven aus mit der Eisenbahn verreisen, kam man ohne umzusteigen nicht allzuweit. Das lag daran, daß hier nur Personenzüge der untersten Kategorie hielten. Solche Züge werden im allgemeinen Volksmund, auch heute noch, als Bummelzüge bezeichnet, obwohl sie die Amtssprache Nahverkehrszüge nannte. Man konnte durchgehend nur bis nach Köln oder Mönchengladbach beziehungsweise Kaldenkirchen fahren. Schnellfahrende Eilzüge oder sogar D-Züge hielten nie in Oekoven. Zumindest konnte sich Oekoven rühmen, wenigstens an der Strecke des zwischen 1951 und 1962 hier verkehrenden hochrangigen Renommierzug (F 163/164 "Rheingold") der DB zu liegen. Dennoch: Bis in die 30iger Jahre war Oekoven sogar Zugbildungsbahnhof für einzelne Personenzüge.

In den ersten Jahren entwickelte sich der Zugbetrieb sehr schnell. Dieser Entwicklung trug man durch den zweigleisigen Ausbau der Strecke Rechnung. Bis zum Ersten Weltkrieg hielten in Oekoven täglich zwischen sechs und acht Zugpaare. Sie führten alle die erste bis vierte Wagenklasse. Am 26.April 1913 setzt das Bürgermeisteramt zu Widdeshoven ein Schreiben an die Eisenbahndirektion Cöln mit der Bitte, den in Rommerskirchen endenden Triebwagen bis nach Oekoven durchzuführen. Der lange Aufenthalt im Nachbarbahnhof erlaube die Fahrt bis nach Oekoven und man erhoffe sich wegen der günstigen Zeit eine sehr gute Benutzung, durch die Bevölkerung für Fahrten nach Köln. Am 12. August 1913 teilte die Eisenbahndirektion mit, daß, dem Wunsche entsprochen wird und der Triebwagen zum Fahrplanwechsel ab dem 1. Oktober 1913 von Köln-Ehrenfeld aus bis nach Oekoven durchgeführt wird. Der Fahrplan war wie folgt:

T 1507 an Oekoven 8.20 Uhr, T 1508 ab Oekoven 8.46 Uhr.

Diese Zugverbindung bestand auch noch 1916. Nun begann beziehungsweise endete der Zug aber in Köln Hbf. Die geänderten Fahrzeiten sind dem nachfolgend abgebildeten Kursbuchauszug zu entnehmen. Das Zugpaar war aus den damals modernen, preußischen Speichertriebwagen (= Akkutriebwagen: elektrischer Triebwagen mit Batterieantrieb) gebildet. Im Februar 1909 war in Köln eine Batterieladestation eingerichtet worden. Dort waren drei Speichertriebwagen beheimatet, welche die Bezeichnung:

273/274 Cöln ab 1910 325/326 275/276 Cöln ab 1910 327/328 277/278 Cöln ab 1910 329/330

trugen. Alle Triebwagen waren zweiteilig. Die Kölner Ladestation für die Batterien, welche den Triebwagen eine Reichweite von 100 Kilometern ermöglichte, wurde aber schon während des Ersten Weltkrieges wieder stillgelegt. Damit endete im Fahrplan von 1917 auch diese interessante Personenzugleistung nach Oekoven. Anzumerken ist noch, daß die Akkumulatortriebwagen die Wagenklasse 2. bis 4. führten. So lautete auch die Angabe im Kursbuch. Die Arbeiter der Brikettfabrik Neurath waren nun wieder auf durchgehende Personenzüge angewiesen.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde ein Zugpaar von Mönchengladbach aus eingesetzt, welches in Oekoven wendete. Diese Verbindung war im Kursbuch von 1924 mit den Daten, Ankunft in Oekoven um 13.23 Uhr, Rückfahrt von dort um 14.41 Uhr, gekennzeichnet. Dieses Zugangebot bestand aber nur werktags. Seit 1925 änderten sich die Zeiten folgendermaßen: Ankunft 14.27 Uhr, Abfahrt 15.00 Uhr. Gleichzeitig wurde diese Rückleistung als Vorzug 597 von Köln nach Mönchengladbach erbracht. Der eigentliche "597" verkehrte dagegen erst 25 Minuten später. Durch diesen Vorzug ging man speziell auf den Schichtwechsel bei der Brikettfabik Neurath ein, so daß den dort Beschäftigten eine attraktive Verbindung zur Verfügung stand. Daß dieses Angebot auch tatsächlich angenommen wurde, geht aus dem Fahrplan von 1931 hervor. Darin ist dieses Zugpaar, abgesehen von der auf 14.23 Uhr vorverlegten Ankunftszeit, unverändert ausgeschrieben. Erst nach amtlichen Unterlagen ab 1939 fehlte diese Verbindung. Damit endete in Oekoven auch kein Personenzug mehr.

Erklärend sei noch zu den eingesetzten Wagenklassen auf dieser Strecke etwas gesagt. In den 20iger Jahren waren die Züge überwiegend mit der 2. bis 4. Wagenklasse ausgerüstet; die 1. Klasse fand man in den einfachen Personenzügen noch nicht. In den 30iger Jahren wurde dann die 4. Klasse abgeschafft, so daß sich bis in die 50iger Jahren die 2. und 3. Klasse durchsetzte. Erst ab 1956, nach Aufgabe der 3. Wagenklasse, wurde die noch heute gültige Umwandlung in 1. und 2. Wagenklasse vorgenommen. Bis in den 30iger Jahren hatte sich das Zugangebot nahezu verdoppelt. Es gab durchschnittlich 12 tägliche Zugverbindungen in beide Richtungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhöhte sich die Zahl der Zughalte in Oekoven drastisch. Diese Entwicklung bestand bis Anfang der 60iger Jahre unverändert und betrug täglich ca. 17 Zugpaare. Zwischen 1963 und 1964 sank das Angebot auf nur noch 10 Paare. Der Winterfahrplan 1964/65 brachte dann das abrupte Ende; ein sogenannter "Alibizug" hielt nämlich seit dem Sommerfahrplan 1965 in Oekoven. Kaum jemand hatte noch einen Nutzen davon, zumal die Verkehrszeiten äußerst ungünstig waren:

12.49 Uhr nach Köln und 17.01 Uhr nach Mönchengladbach

Am letzten Freitag im September 1965 um 17.01 Uhr war es dann soweit: Der letzte Personenzug hatte Oekoven verlassen. Damit hatte die Geschichte des schienengebundenen Personenverkehrs in Oekoven, nach nur 66 Jahren, ihr Ende gefunden.


Der Güterverkehr

Im Kapitel über die Grubenanschlußbahn wurde schon einiges über den Zugverkehr ausgesagt. An dieser Stelle soll auf die weiteren Güterzugverbindungen von und nach Oekoven genauer eingegangen werden. Als Abwicklungsgrundlage hierfür diente die Güterzugbildungsvorschrift der DB (Ausgabe Sommer 1962). Danach verkehrten folgende Güterzüge von und nach Oekoven:

Zug - Nr. Zuglauf Bemerkungen

Ne 5300 M'gladbach - Köln - Gereon 1) Dg 7771 Oekoven - Neuss Gbf 2) Dg 7777 Rommerskirchen - Hohenbudberg 3) Dg 7779 Oekoven - Hohenbudberg 4) Dg 7781 Oekoven - Neuss Gbf (Bedarfszug) Dg 7783 Oekoven - Neuss Gbf (Bedarfszug) Dg 7785 Oekoven - Neuss Gbf (Bedarfszug) Ng 9514 Grevenbroich - Rommerskirchen 5) Ng 9515 Köln - Nippes Gbf - Grevenbroich 5) Ng 9520 Neuss Gbf - Oekoven 6) Lgo 10369 Gremberg - Oekoven 7) Lgo 10456 Neuss Gbf - Oekoven Bedarfszug 8) Üb 15224 Grevenbroich - Oekoven Ub 15225 Oekoven - Grevenbroich Üb 15227 Oekoven - Grevenbroich 9) Üb 15230 Grevenbroich - Oekoven 10) Üb 15231 Oekoven - Grevenbroich


Bemerkungen: 1) Aufnahme von Wagen in Oekoven für Köln-Ehrenfeld als Schlußgruppe 2) 1. Gruppe Staubkohlenwagen für Stadtwerke Düsseldorf - Grafenberg, 2. Gruppe Neuss 3) bringt Wagen für Oekoven, nimmt Wagen für Hohenbudberg und Neuss mit 4) nimmt Kohlenstaubwagen an der Spitze für Düsseldorf - Derendorf, Düsseldorf - Reisholz und andere Düsseldorfer Bahnhöfe, sowie Sandwagen für Düsseldorf - Gerresheim mit 5) Wagen für Oekoven laufen an der Spitze 6) 1. Gruppe Staubkohlenwagen, 2. Gruppe leere Pendelwagen für Glassandbeförderung 7) bringt leere O - Wagen 8) bringt Staubkohlenwagen nach Bedarf und leere O - Wagen 9) 1. Gruppe Spitze Sandwagen für Düsseldorf, 2. Gruppe Neuss, 3. Gruppe Grevenbroich 10) einschließlich Staubkohlenwagen

Wie aus der Zusammenstellung hervorgeht, hielten hier von Naheilgüterzügen (Ne) bis hin zu Übergabezügen (Üb) die verschiedensten Zuggattungen, darunter auch Durchgangsgüterzüge (Dg), Nahgüterzüge (Ng) und Güterwagenleerzüge (Lgo). Bei allen Güterzügen war genau vorgeschrieben an welcher Stelle im Zug welche Wagengattungen eingestellt werden durften. Das nennt man im Amtsgebrauch Wagengruppen. Aus den einschlägigen Dienstvorschriften geht hervor, ob zum Beispiel ein Zug die Wagen für Oekoven an der Spitze, also direkt hinter der Lok, oder am Schluß des Zuges zu befördern hatte. Auch war festgelegt, welcher Zug bestimmte Wagen zu befördern hatte. So brachten zum Beispiel die beiden aufgeführten Lgo leere Wagen der Gruppe O (offene Wagen) nach Oekoven. Andere Züge waren dafür vorgesehen, die für Oekoven so typischen Kohlenstaubwagen zu übernehmen oder in einem fest eingerichteten Pendelverkehr die Sandwagen nach Düsseldorf - Gerresheim abzufahren.

Natürlich wurden die in Oekoven von der Brikettfabrik übergehenden Güterwagen nicht nur in die nähere Umgebung verschickt. So wurden in den umliegenden großen Rangierbahnhöfen Neuss Gbf, Hohenbudberg bei Krefeld, Köln - Nippes Gbf und Gremberg die Wagen von und nach Oekoven auf weitere Güterzüge in alle Richtungen umgesetzt oder gesammelt. Auch wurden sogenannte Ganzzüge abgefertigt, bei denen die Güterwagen ohne rangiermäßige Unterwegsbehandlung bis zu ihrem Zielort zusammenblieben. Typische Ganzzüge, beladen mit Brikett, gab es zum Beispiel in den 30iger Jahren, die am späten Abend von der Brikettfabrik zur Reichsbahn überstellt wurden, um noch in der Nacht nach Hoya (bei Bremen) weiterbefördert zu werden. Bis zur Abfahrt des Zuges herrschte dann im Bahnhof ein emsiges Treiben, um die hierfür erforderlichen Papiere rechtzeitig zu erstellen.

Damit läßt sich auch leicht erklären, warum Oekoven von Lokomotiven der verschiedensten Heimatdienststellen angefahren wurde. In der Anfangszeit, also um die Jahrhundertwende , waren es die preußischen Gattungen G3 und G7, die in Oekoven den Zugverkehr bewältigt haben. Es handelte sich um drei¬ beziehungsweise vierachsige Schlepptenderloks mit einer Leistung von 400 bis 700 PS. In der Zeit um den Ersten Weltkrieg kamen dann stärkere Heißdampfloks zum Einsatz. Sie gehörten der preußischen Gattung G 8 und G 8.1 an und leisteten 1100 beziehungsweise 1300 PS. Nach dem Kriege, Anfang der 20iger Jahre, tauchten dann die neu entwickelten G 8.2 auf. Mit ihrer vornliegenden Laufachse war sie für 65 km/h zugelassen, während die bisherigen Loks nur für 45 bis 50 km/h Höchstgeschwindigkeit zugelassen waren. Im Zweiten Weltkrieg wurden die umliegenden Dienststellen mit der Baureihe 50 ausgerüstet, die nun schon für 80 km/h zugelassen waren und über eine Leistung von 1600 PS verfügten.

Wagenladungen, die für den Tarifpunkt "Bahnhof Oekoven" direkt bestimmt waren, gab es ein Ladegleis mit einer Seiten- und Kopframpe. Hier konnten die verschiedensten Güterwagen be- und entladen werden. Weiterhin war eine Gleiswaage mit einer Wiegefähigkeit von 50 Tonnen vorhanden.

Eine weitere betriebliche Besonderheit im Güterverkehr stand alljährlich im Herbst an. Während der Zuckerrübenernte trat nämlich ein sogenannter "Rübenfahrplan" in Kraft. Er nahm in besonderem Maße Rücksicht auf die drastisch gestiegene Zahl spezieller Bedarfszüge für den Abtransport der Rüben. Dann herrschte im Bahnhof Oekoven Hochbetrieb. Personal, Lokomotiven und Güterwaggons wurden natürlich besonders gefordert. Heute läßt sich nur noch erahnen, welche zusätzlichen Leistungen dabei erbracht werden mußten. Während unter anderen zwei Nahgüterzüge die leeren Wagen für den Rübenverkehr auf verschiedene Bahnhöfe verteilten, wurden die beladenen Wagen mit Übergabezügen nach Grevenbroich abgefahren um dort einer der nächsten Zuckerfabriken überstellt zu werden.

Zug- Nr. Zuglauf Bemerkungen

Ng 9506 Grevenbroich - Rommerskirchen 1) Ng 9507 Rommerskirchen - Neuss Gbf 1) Üb 15220 Grevenbroich - Oekoven Üb 15221 Oekoven - Grevenbroich Üb 15222 Grevenbroich - Oekoven 2) Üb 15223 Oekoven - Grevenbroich 2) Üb 15228 Oekoven - Grevenbroich Üb 15233 Oekoven - Grevenbroich Üb 15234 Grevenbroich - Oekoven Üb 15236 Grevenbroich - Oekoven


Bemerkungen: 1) Schlußgruppe für Oekoven 2) nur Sonn- und Feiertags

Diesen Dienst verrichteten oft die 55iger (pr. G 8.1) des Bahnbetriebwerkes Neuss, die sonst überwiegend zuletzt nur im Rangierdienst eingesetzt wurden. Aber zur Erntezeit wurde alles benötigt was nur Räder hatte, so daß auch die betagten Maschinen wieder zu Streckendienstehren kamen.

Heutzutage werden die Rüben im Raum Oekoven, wie so vielerorts, über die Straße abgefahren. Es ist kaum zu glauben, daß der Transport derartiger Massengüter, über die sowieso schon überlasteten Straßen als Fortschritt bezeichnet werden kann. So ändern sich die Zeiten. Für den Bahnhof Oekoven bedeutete diese Maßnahme dagegen einen weiteren Schritt zur unaufhaltbar fortschreitenden Auflösung.


Eisenbahner und Reisende

Was wäre ein Bahnhof ohne die Bediensteten, die Reisenden oder seine Anwohner? Viele menschliche Schicksale haben nur allzu oft gerade in Bahnhöfen ihren Lauf genommen. Ferne Reiseziele, Wiedersehen, aber auch Abschiede für immer stehen deshalb eng mit dem Begriff Bahnhof in Verbindung. Da kam es zu kuriosen, freudigen und auch tragischen Begebenheiten. Am 8. Februar 1911 wurde beispielsweise der 18 jährige Italiener Severino B. auf dem Bahnhof Oekoven festgenommen, weil er versucht hatte, "schwarz" im Bremserhaus eines Güterwagens im Güterzug Nr. 8527 von Rommerskirchen nach Oekoven zu fahren. Die deswegen ausgestellte Festnahmekarte wird noch heute im Gemeindearchiv von Rommerskirchen aufbewahrt. Da sich die festgenommene Person nicht ausweisen konnte (arbeitslos ohne festen Wohnsitz) wurde er der Polizei in Widdeshoven vorgeführt. Dort wurden die Personalien festgestellt. Von einer Bestrafung ist nichts überliefert.

Ein anderer, viel tragischerer Vorfall ereignete sich am 8. Januar 1935 auf dem Bahnhof Oekoven. Um 20.30 Uhr wurde der Reichsbahnschaffner Wilhelm R. (52 Jahre) aus Odenkirchen von einem Eisenbahnwagen überfahren und kam dadurch sofort zu Tode.

Dies sind nur zwei Begebenheiten, bei denen der Bahnhof Oekoven für Menschen zu mehr oder weniger große Schicksalsschläge geworden war.

Da könnte wohl jeder Bahnhof seine eigene Geschichte erzählen, auch wenn er noch so klein ist. Ihre Bediensteten waren stolz auf die ihnen übertragenen Verantwortung. Das spiegelt das wohl älteste erhalten gebliebene Foto aus jener Zeit in Oekoven wieder. Es entstand um 1910. Darauf zu sehen ist auch der Stationsverwalter Otto Panzer (2. v.l.), wie sich der Dienststellenvorsteher eines Bahnhofes der Rangklasse drei seinerzeit nannte. Ein wahrhaft preußischer Beamter, welcher sich wohl gerne in seiner Uniform (Rockkragen mit Goldkante und einem goldenen Stern) dem Fotografen stellte. Daß auch auf kleineren Bahnstationen alles seine Rangordnung hatte, geht aus der Aufnahme sehr gut hervor. Obwohl der abgebildete Dienststellenleiter nur den Dienstgrad eines Assistenten trug, war das für einen kleinen Provinzbahnhof schon etwas Beachtliches. Damit stand er vergleichsweise auf der Stufe des Bürgermeisters oder des Pastors. Sein Beamtenrang fand auch durch die, in seiner rechten Hand sichtbaren weißen Handschuhe den gebührenden Ausdruck. Auch wenn nicht alle Namen überliefert sind, sollen an dieser Stelle doch die noch bekannten Namen der Personen genannt werden, welche einmal den einstigen Bahnhof geleitet haben. Es waren: Otto Panzer, Adomeid, Jakob Schmitz, Merheim, Anton Hamacher, Conzendorf und Bauer.

Dem Stationsverwalter zur Seite gestellt war ein Praktikant, welcher auf dem Foto ganz links zu sehen ist. Er war in der Hierarchie des preußischen Beamtentums dazu berufen, später einmal die Stelle eines Assistenten einzunehmen.

Wie personalintensiv schon ein so kleiner Bahnhof wie Oekoven war, zeigt diese Aufnahme sehr eindrucksvoll. Jeder hatte seine spezielle Aufgaben zu verrichten. Es gab zum Beispiel Telegraphisten, Güterexpedienten, Güterkassierer, Stationseinnehmer, Packmeister und andere mehr.

Eine weitere Aufnahme aus den zwanziger Jahren (? 1927) blieb ebenfalls erhalten. Dank der auf dem Foto abgebildeten als kleines Mädchen abgebildeten Frau Agnes Schmitz, ist es gelungen fast alle Personen zu identifizieren:

1) Pohl, Weichensteller 2) Brings, Fahrkartenverkauf, Wartung der Petroleum- Signallaternen 3) Jakob Schmitz, Fahrdienstleiter, Aufsicht 4) Moll, Fahrdienstleiter, Aufsicht 5) Johann Clemens, Weichensteller 6) ? (war nur kurze Zeit in Oekoven) 7) Franz Schmitz, Bahnhofswirt 8) Oster, Fahrdienstleiter, Aufsicht 9) ? (war nur kurze Zeit in Oekoven) 10) Otto Panzer, Bahnhofsvorsteher 11) Agnes Schmitz, Tochter des Bahnhofswirts 12) Tillmann, Polizist Widdeshoven 13) Josef Engels, ? 14) Schmitz, Frau des Bahnhofswirts 15) Heinrich Irnich, ? 16) Panzer, Frau des Bannhofsvorstehers 17) Winkels, Fahrkartenverkauf 18) Görres, Weichensteller 19) Fink, Fahrkartenverkauf

Daß die sonst so dienstbeflissenen Beamten aber auch zu einem Spaß zu haben waren, beweist die abgebildete Aufnahme. Darauf gab jemand einen Abfahrauftrag, der sich jedoch nur als Eisenbahnbeamter verkleidet hatte. Unter der viel zu großen Uniform verbarg sich nämlich in Wirklichkeit eine Frau. Rechts im Bild erkennt man Johann Clemens, der nachfolgend noch etwas näher vorgestellt werden soll; links ist Jakob Schmitz zu erkennen.

"Auf der Durchreise", so könnte man das letzte Foto dieser Reihe betiteln. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges kamen auch Soldaten durch Oekoven. Diese abgebildete Truppe ließ sich wohl gerne mit der Tochter des Bahnhofswirtes, Agnes Schmitz, im Bild festhalten. Für die Soldaten war es sicherlich eine willkommene Abwechslung, bevor sie noch am selben Tag, in eine ungewisse Zukunft weiterreisen mußten.


Ein Eisenbahnerleben in Oekoven

Durch einen glücklichen Umstand gelangte eine alte Personalakte in die Hände des Autoren. Daraus ließ sich das Berufsleben eines Eisenbahners nahezu lückenlos nachvollziehen. Da dieser Eisenbahner einen großen Teil seines beruflichen Lebens in Oekoven und in dieser Umgebung verbrachte, können diese Angaben sicherlich auch stellvertretend für die vielen anderen Eisenbahner gewertet werden. Als Randbemerkung sollen dabei auch allgemeingültige und zeitgenössische Lebensbedingungen berücksichtigt werden, wie zum Beispiel soziale Stellung und politische Verhältnisse. Dieser Aspekt wird heutzutage oftmals völlig verdrängt, wenn es um die sogenannte gute alte Zeit geht. Eine zu einseitige Betrachtung mit "Schönheitsfehlern" wäre die Folge!

Die Personalunterlagen stammen von Johann Clemens. Er wurde am 7. August 1883 in Deelen, einen Kilometer von Oekoven entfernt, geboren und war katholischer Konfession. Als 20jähriger absolvierte er zunächst seinen Militärdienst. Hier diente er in der Zeit vom 8. Oktober 1903 bis 29. September 1906 im Ulanenregiment 07 in einer Eskadron, also in der kleinsten Einheit der Kavallerie.

Am 8. Oktober 1906 trat er schließlich als Rottenarbeiter bei der Bahnmeisterei 2 in Rommerskirchen, in den Dienst der preußischen Eisenbahn. Sein Lohn bei der preußischen Eisenbahn war zu dieser Zeit sehr schlecht und entsprach der untersten Stufe im Besoldungsplan. Demnach verdiente im Jahr 1904 zum Beispiel ein Bahnunterhaltungsarbeiter ca. 1,80 – 1,90 Mark am Tag. Bei schlechtem Wetter wurde nicht gearbeitet, aber auch nichts verdient! Harte Zeiten, wenn man bedenkt, daß zu dieser Zeit für 1 kg Schweinefleisch ca. 1,40 Mark, für 1 kg Butter ca. 2,30 Mark, für 1 l Milch 20 Pfennig und 1 kg Schweineschmalz 1,20 Mark zu bezahlen waren. Alleine die Miete verschlang schon bis zu 40% des Durchschnittslohns. Die Arbeitszeit betrug im Durchschnitt 10 bis 12 Stunden am Tag. Viele arbeiteten aber sogar 14 bis 16 Stunden. Sonn- und Feiertage, sowie Überstunden wurden in der Regel nicht besonders vergütet. Den Streckenarbeitern, wie Johann Clemens, wurde bis 1910 überhaupt kein Urlaub gewährt. Begründet wurde diese Maßnahme mit nachfolgendem Argument: "Sie arbeiten meist im Freien, würden selten nachts oder sonntags eingesetzt und stünden sich damit ähnlich wie die Landarbeiter, die auch keinen Urlaub erhielten."

Bei diesem Dienstort in Rommerskirchen blieb er 13 Jahre, obwohl er nicht immer dort eingesetzt war. Bekanntlich hatten die Bahnmeistereien auch Dienstposten, vor allem Schrankenposten bis Grevenbroich, zu besetzen. Auch war er zeitweise als Schreibhilfe tätig. Zum Stichtag 28. September 1917 beschäftigte die Bahnmeisterei 2 in Rommerskirchen 40 deutsche Arbeiter und 25 Kriegsgefangene.

Erst knapp zwei Jahre nach seinem Eintritt zur Eisenbahn wurde er am 14. März 1908 vereidigt und nun als "Hülfsbediensteter" geführt. Dieser Zustand währte bis zum Jahre 1918. In jener Zeit wechselten des öfteren seine dienstlichen Tätigkeiten. So wurde er am 1. November 1909 als Hilfsweichensteller im Bahnhof Rommerskirchen geprüft. Anmerkend sei erwähnt, daß das alte Weichenwärterstellwerk in Rommerskirchen noch heute (1997) vorhanden, allerdings kürzlich außer Betrieb gegangen ist. Aus seinem Personalienbogen geht hervor, daß er am 29. November 1910 eine Strafe in Höhe von 1,- Mark zu zahlen hatte, da durch sein Fehlverhalten ein Wagen entgleiste. Wahrscheinlich kam er auf Grund dieses Vorfalls wieder zum Gleisbau als Rottenarbeiter, was aber nicht mehr belegt werden kann. Es muß aber auch erwähnt werden, daß er im Laufe seiner Dienstzeit einmal 25,- Mark für anerkennenswerte Leistungen zugesprochen bekam. Leider ist nicht vermerkt wann und für welche Leistungen. Aus den Unterlagen geht weiterhin hervor, wann er Erholungsurlaub bekam. So hatte Johann Clemens am 28. und 29. Juni 1913 und 14. und 15. November 1913 sogenannten Erholungsurlaub! Da viele Eisenbahner vom Verdienst bei der Eisenbahn alleine nicht leben konnten, betrieben einige noch nebenbei eine kleine Landwirtschaft. Wahrscheinlich war das auch bei Johann Clemens der Fall, denn vom 9. und 10. Oktober 1916 wurde er für die Kartoffelernte beurlaubt. Bedingt durch die Kriegszeit war auch jede zusätzliche Hand bei der Ernte nötig.

Nach zweieinhalb Jahren wurde er zur Ausbildung als Rottenführer vorgeschlagen. Noch während der Ausbildungszeit erklärte er Herrn Westhoff von der Bahnmeisterei 2 in Rommerskirchen, daß er sich als Rottenführer nicht eignete; wörtlich: ".... er den Leuten nichts sagen könne!" Er bat um Abbruch der Ausbildung. Der Akte war nicht zu entnehmen, ob neben seinem fehlenden Durchsetzungsvermögen auch irgend welche Aufstiegsintrigen eine Rolle spielten. Acht Monate später bestand er in vollem Umfang die Prüfung als Telegraphist. Das war seinerzeit die Vorbedingung, um Fahrdienstleiter zu werden. Die Züge wurden nämlich telegrafisch (morsen) vorgemeldet und nicht etwa wie heute per Telefon oder elektronisch.

Kurze Zeit später, nämlich am 22. Dezember 1913, wurde er dann auf den beiden Stellwerken im Bahnhof Grevenbroich - Ost als Fahrdienstleiter geprüft. Den Bahnhof gibt es heute nicht mehr. Er befand sich in Höhe des heutigen Erftwerkes. Dieser Bahnhof wurde nun für die nächsten Jahre sein neuer Dienstort. Am 3. September 1915 wurde er dann auch als Weichensteller förmlich geprüft. Seine Ernennung zum Hilfsweichensteller auf dem Stellwerk Govb (Grevenbroich Ost Vorbahnhof) erfolgte am 1. August 1917. Bereits zum 1. April 1918 erfolgte dann seine Übernahme als Beamter in den Staatsdienst. Als Bahnwärter bezog er fortan ein monatliches Gehalt in Höhe von 118,33 Mark. Das entsprach einem Tagesverdienst von 3,94 Mark.

Durch die Einführung des 8-Stunden Tages (56 Stundenwoche) wurde im Jahre 1918 ein Mehrbedarf von 1/2 P - Kraft (Personalkraft = Beamtendeutsch) im Bahnhof Oekoven erforderlich. Auf diese Ausschreibung hin bewarben sich die Eisenbahner Clemens und Durst. Nach dem erforderlichen Schriftwechsel wurde zu Gunsten von Clemens entschieden. Wörtlich heißt es darin: ".... Clemens jedoch ist fleißiger als Durst!" Die Beurteilung oblag dem Vorsteher Reutemacher der Bahnmeisterei 2 in Rommerskirchen.

Mit Schreiben vom 5. März 1919 wandte sich der Oekovener Bahnhofsvorsteher Panzer, an das Betriebsamt 2 in Köln mit folgendem Wortlaut: "Zufolge des starken Arbeitsverkehrs und das Einlegen von Arbeiterzügen, welche hier enden und beginnen ist es mir nicht möglich, mit den mir zur Verfügung stehenden Arbeitskräften die Arbeit zu bewältigen. Ich bitte den mir von der Bm 2 Rommerskirchen genehmigten 1/2 Kraft als ganze Kraft überweisen zu wollen." Vermutlich war es seinem Diensteifer bei der Eisenbahn zuzuschreiben, daß Johann Clemens daraufhin zum 1. April 1919 zum Bahnhof Oekoven versetzt wurde.

Hier wurde er zunächst als Bahnwärter eingesetzt. Am 27. Mai 1919 bestand er die örtliche Fahrdienstleiterprüfung für das Stellwerk "Ko" in Oekoven; welches sich zu dieser Zeit noch vor dem Stationsgebäude auf dem Bahnsteig befand. Die Räumlichkeiten sind auch noch 1997 vorhanden, wenngleich sie auch nicht mehr bahnseitig benutzt werden.

Da der Bahnhof Oekoven der Ortsklasse C (Rangordnung) zugeordnet war, wurde er zwei Monate später, am 26. Juni 1919, formlos für die C - Rate geprüft, was einer allgemeinen Verwendungstauglichkeit gleichkam. Diese Prüfung wird sich überwiegend auf dem Besoldungszettel in Form von Zuschlägen ausgewirkt haben. Am 16. März 1920 wurde er dann zum Weichenwärter ernannt. Damit bekam er einen planmäßigen Posten auf dem Stellwerk zugewiesen, wo er bisher nur andere Kollegen als Ablöser vertreten hatte. Nur wenige Tage später, nämlich am 1. April 1920, hörten die deutschen Länderbahnen auf zu existieren und schlossen sich zur Deutschen Reichsbahn zusammen. Auf Grund dieses wichtigen Ereignisses wurden die Besoldungen neu und einheitlich festgelegt. Da sich die wirtschaftlichen Ereignisse in den darauffolgenden vier Jahren überschlugen (Inflation und Regiezeit), sollen die Besoldungen während dieser Inflationszeit, soweit noch feststellbar, aufgeführt werden:

Stichtag Grundgehalt 50% Teuerungsrate jährlich

April 1920 5.700 RM 2.850 RM 8.550 RM Oktober 1921 16.500 RM 5.300 RM 21.800 RM Juli bis Sept. 1923 5.234.510 RM 301.895.708 RM 307.130.218 RM

Der wirtschaftliche Niedergang hatte 1923 seinen Tiefpunkt erreicht was das enorm gestiegene Gehalt auch deutlich zeigt. Sicherlich war das für die Menschen damals nicht einfach gewesen. Der verlorene Erste Weltkrieg, die nicht endenwollenden Reparationen, die Weltwirtschaftskrise... Die große Politik hatte immer etwas Neues auf Lager, so daß die Bevölkerung nicht zur Ruhe kam um sich etwas in geregelter Form aufzubauen und den Lebensstandard zu verbessern. Unser Johann Clemens lebte zu dieser Zeit bei seiner Schwester, da er erst spät heiratete. In dieser schweren Zeit erging es der Bevölkerung auf dem Lande besser als in der Stadt, wo man noch etwas leichter an die sonst knapp gewordenen Lebensmittel herankam.

Während der Ruhrbesetzung durch die Franzosen und Belgier, von der ja auch Oekoven betroffen war, galten neue und oftmals für die Bahnbedienstete unverständliche Regeln und Anweisungen. Diese Änderungen gingen sogar soweit, daß die Eisenbahner neu vereidigt wurden. Sie unterstanden nun der "Regie des Chemins de Fer territions Occupes - Direktion Exploitation". Es war also eine Direktion geschaffen worden, welche den Eisenbahnablauf im besetzten Gebiet zu überwachen hatte. Diese "Direktion" befand sich in "Aix la Chapelle" (Aachen). Über diese Stelle wurden auch alle dienstliche Belange des Bahnhofs Oekoven abgewickelt. Demzufolge wurden die Bediensteten auch in der französischen Währung besoldet! Johann Clemens erhielt:

Grundgehalt Ortszuschlag jährlich monatlich 283,- Frans 69,- Frans 352,- Frans 29.30 Frans

Im gesamten Deutschen Reich wurde die Geldentwertung bekämpft, welche am 1. Dezember 1923 durch die Einführung der Rentenmark ein Ende fand. Das bis dahin gültige Papiergeld wurde ungültig und eingetauscht. Für eine Billiarde Papiermark gab es eine Rentenmark. Nun war zwar die Inflation vorüber, aber die Zeit der Regie an Rhein und Ruhr war nicht viel besser. In dieser Zeit wurden viele Eisenbahnanschläge von deutschen Eisenbahnern verübt, um den reibungslosen Abtransport nach Frankreich zu stören.

Am 29. August 1924 bekam Johann Clemens die Anstellung auf Lebenszeit. Sein dienstlicher Aufstieg verlief nun ziemlich planmäßig. Am 28. August 1933 bestand er die Assistentenprüfung mit genügend und wurde am 1. November 1934 zum Reichsbahn - Sekretär ernannt. Er bekam noch am selben Tag einen Dienstposten im Bahnhof Büttgen (Strecke Mönchengladbach - Neuss) zugeteilt. Damit war auch seine 15jährige Dienstzeit in Oekoven beendet. Der Vollständigkeit halber soll noch erwähnt werden, daß er am 19. Mai 1939 zum Reichsbahn - Obersekretär befördert wurde. Kurze Zeit später, nämlich am 5. Oktober 1939, wurde er zum Bahnhof Nievenheim (Strecke Neuss - Köln) versetzt. Er wohnte aber weiterhin im Bahnhof Büttgen. Seine Verdienste betrugen nun:

Stichtag Grundgehalt (ohne Zulagen) (jährlich) (monatlich) 01.11.34 3.300 RM 275 RM 01.03.39 3.600 RM 300 RM

Als aktiver Eisenbahner erlebte er auch noch den Zweiten Weltkrieg, bevor er am 1. Februar 1946, zweiundsechszigjährig, in den Ruhestand versetzt wurde. Als Begründung wurde angegeben: ".... wegen Schwäche der körperlichen Kräfte zur Erfüllung Ihrer Amtspflichten dauernd unfähig." Sein letztes Gehalt betrug jährlich 4.952 RM was monatlich 328,64 RM entspricht. Am 1. September 1948 wurde seine Rente endgültig festgelegt und betrug 3.744 RM jährlich. (312 RM monatlich)

Am 31.03.1956 verstarb Johann Clemens im Alter von 73 Jahren und wurde in Oekoven beigesetzt.


Das Feld- und Werksbahn Museum Oekoven e.V.

Die Geschichte des Bahnhof Oekoven wäre nur unvollständig wenn man nicht auf die Pläne und Aktivitäten des im Jahre 1976 gegründeten Feld- und Werksbahn Museum e.V. eingehen würde.

Dieser Verein erwarb das 1,4 Hektar große Grundstück der Rheinbraun¬ Werke, auf welchem früher die Gleise 5 bis 8 der Privatanschlußbahn la¬gen. Auf diesem rund einem Kilometer langen Grundstück wurde eine Feldbahn mit der Spurweite 600 mm aufgebaut. Die ersten Gleise wurden am 2. Juli 1977 verlegt, womit eine neue Ära des alten Bahnhofs Oekoven begann. In den folgenden Jahren konnte ein 300 qm großer Lokschuppen errichtet werden, welcher 1986 im Rohbau fertiggestellt war. Da die aktiven Mitglieder dieses Vorhaben in ehrenamtlicher Arbeit aufbauen, kommen die Arbeiten nur langsam, gemäß der finanziellen Möglichkeiten voran. Das Ziel des Vereins ist es, möglichst umfassend die große Vielfalt der Feldbahnen, zum Beispiel, vom Braunkohlentagebau, Ziegeleien, Grubenbahnen und Trümmerbahnen, um nur einige zu nennen, darzustellen. In den Sommermonaten werden seit den 80iger Jahren an bestimmten Wochenenden sowie an Pfingsten, sogenannte Betriebstage veranstaltet. Dabei haben die Besucher die Möglichkeit, die über 800 Meter lange Feldbahnstrecke zu befahren. Dabei kommt auch oft eine Dampflokomotive zum Einsatz, welche der Verein in zwölfjähriger Arbeit restaurierte. Nicht verschwiegen soll die Tatsache, daß es dem Verein zu verdanken ist, daß das ehemalige Fahrdienstleiterstellwerk Oof, welches von der DB angemietet wurde, vor dem Abriß bewahrt werden konnte. Rein äußerlich dokumentiert dieses Gebäude die einstige Bedeutung des Bahnhofs. Heute beherbergt es soziale Räume für die Vereinsmitglieder. Wer an weiteren Informationen über diesen Verein oder an den Fahrzeugen interessiert ist, dem sei der Museumsführer empfohlen, welcher auf über 80 Seiten viele interessante Informationen bietet (z.Zt. leider vergriffen). Oder Sie kommen einfach an einem Sommerwochenende persönlich vorbei. Auskünfte erhalten Sie am Wochenende unter folgenden Telefonanschluß: 02183 / 806 8377. Feld- und Werksbahn Museum e.V. Zur Werksbahn 1, 41569 Rommerskirchen [1]

Abkürzungsverzeichnis

  • AG = Aktiengesellschaft
  • Ar = Flächenmaß 10 x 10 Meter = 100 qm
  • BASF = Badische Anilin und Soda Fabrik AG, Ludwigshafen
  • BD = Bundesbahndirektion
  • BGp = beschleunigter Güterzug mit Personen
  • Bm = Bahnmeisterei
  • BP = beschleunigter Personenzug
  • DB = Deutsche Bundesbahn
  • DKW = Doppelkreuzungsweiche
  • Dg = Durchgangsgüterzug
  • DRB = Deutsche Reichsbahn
  • EBV = Eschweiler Bergwerks Verein
  • EG = Empfangsgebäude
  • e. V. = eingetragener Verein
  • FWM = Feld- und Werksbahn Museum e.V.
  • G = Güterzug
  • Gmp = Güterzug mit Personenverkehr
  • KED = Königliche Eisenbahn Direktion
  • kg/cm² = Atmosphärenüberdruck (auch atü / bar)
  • km/h = Stundenkilometer
  • Ko = Kohlenbahn 0st (vermutlich) (Stellwerksbezeichnung)
  • KPEV = Königlich Preußische Eisenbahn Verwaltung
  • Lgo = Leergüterzug (gebildet aus O-Wagen)
  • lrh = linksrheinisch
  • m³ = Kubikmeter
  • Ne = Naheilgüterzug
  • Ng = Nahgüterzug
  • NN = normal Null (Höhenmessung nach dem Meeresspiegel)
  • Oob = Oekoven Ost Bahnhof (Stellwerksbezeichnung)
  • Oof = Oekoven Ost Fahrdienstleiter (Stellwerksbezeichnung)
  • O-Wagen = offene Güterwagen , (heute E-Wagen)
  • Ow = Oekoven West (Stellwerksbezeichnung)
  • Owt = Oekoven Westturm (Stellwerksbezeichnung)
  • P = Personenzug
  • qm = Quadratmeter
  • pr = preußisch
  • RBD = Reichsbahndirektion
  • RBW = Rheinische Braunkohlenwerke Aktiengesellschaft, Köln
  • RhE = Rheinische Eisenbahn Gesellschaft
  • RM = Reichsmark
  • RWE = Rheinisch Westfählische Elektrizitätswerke
  • Sbk = Selbstblock
  • Stw = Stellwerk
  • TÜV = technischer Überwachngsverein
  • Üb = Übergabezug
  • v.l. = von links
  • ZHW = zentrale Hauptwerkstätte
  • G3,G7,G8,G8.1, G8.2, = Typenbezeichnung pr. Länderbahngüterzuglokomotiven

Quellennachweis

  • Die deutsche Eisenbahnen in ihrer Entwicklung 1835 - 1935, Reichsdruckerei 1935, Berlin, (Nachdruck Dumjahn Verlag 1984)
  • Die Triebfahrzeuge der Rheinischen Braunkohlenwerke in Wort und Bild, von Dr. Günther Barths, (Röhr Verlag Krefeld 1982)
  • Der Kreis Grevenbroich, von K.P. Haendler 1927
  • Jahrbuch für Eisenbahngeschichte 1978 Band 10, Deutsche Gesellschaft für Eisenbahngeschichte (Rösler + Zimmer Verlag, Augsburg 1978)
  • Lok-Magazin Kalender 1981, (Franckh Verlag, Stuttgart 1980)
  • Unternehmen Braunkohle, von Arno Kleinebeckel (Rheinbraun-Werke AG 1986)
  • Uns gehören die Schienenwege, (VEB Transpress Verlag 1960)
  • Stadt-Anzeiger Grevenbroich vom 22.10.1987 (Seite 7)
  • Grevenbroicher Zeitung Nr. 44 vom 2. Juni 1897 und Nr. 74 vom 15.September 1897
  • Kölner Zeitung Ausgabe vom 10. Februar 1907, 23. Februar 1907 und 2. März 1907
  • Amtsblatt der königlichen Regierung zu Düsseldorf, Jahrgang 1897
  • Landesvermessungsamt Nordrhein - Westfalen, Ausgabe 1954, Blatt 4905
  • Stadtarchiv Mönchengladbach, Akte 483 vom März 1964
  • Hauptstaatsarchiv Düsseldorf (Schloß Kalkum), Regierungsakten 13035, 39404, 39750, 46213, sowie Bundesbahnakten BR 1003/4456 und BR 1003/ 4650
  • Eisenbahnpersonalakte vom Herrn Johann Clemens, Privatbesitz der Familie Durst, Büttgen
  • DB - Güterzugbildungsvorschrift (Bundesbahndirektion Köln vom 27. 05. 62)
  • Kursbuchausgaben und Fahrplän von: 1904, 1913, 1917,Sommer 1924, Sommer 1925, Sommer 1931, Sommer 1939, Sommer 1941, Winter 1948, Sommer 1949, Winter 1951, Winter 1952, Sommer 1961,Sommer 1963, Winter 1963, Winter 1964, Sommer 1965, Winter 1965.
  • Gemeindearchiv Rommerskirchen, Akten 2384, 3907
  • Dr. Kochs Stationsverzeichnis, 1939


Bildnachweis

  • Dr. Günther Barths (Mönchengladbach-Rheydt)
  • Franz Grifka (Krefeld)
  • Ing. Heinz Hojnczyk (Kerpen-Buir) Sammlung Familie Komanns (Sinsteden) Sammlung Agnes Koth, geborene Schmitz, (Allrath), Günter Krall, Sammlung Günter Krall, (Mönchengladbach) *Rheinbraun Zentralarchiv, (Schloß Paffendorf) Joh. Wolfgang Schmidt, (Peine) Michael Spellen, (Roermond) Charls Dickensen (†), (Oekoven) Toni Haas, (Oekoven)
Persönliche Werkzeuge